August 2021 |
210807 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bei der Eröffnung der neuen Solarzellen-Fabrik in Bitterfeld konnte der Vorstandsvorsitzende Gunter Erfurt (Mitte) auch den Landeswirtschaftsminister Armin Willingmann begrüßen. Ministerpräsident Reiner Haseloff war per Video-Übertragung zugegen. Das Land Sachsen-Anhalt half bei der Neubelebung des "Solar Valley" mit der Zusage für eine Umweltschutzbeihilfe in Höhe von bis zu 15 Millionen Euro sowie einem Investitionszuschuss von bis zu 7,5 Millionen Euro. Foto: Meyer Burger
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Seit einem Vierteljahr gibt es in Deutschland wieder eine Solarzellen-Fertigung. Es handelt sich um die schweizerische Meyer Burger Technology AG, die ursprünglich als Lieferant der Photovoltaik-Industrie tätig war und nun selber in die Herstellung von hocheffizienten Solarzellen mit anschließender Verarbeitung zu Solarmodulen eingestiegen ist. Am 18. Mai eröffnete sie in Bitterfeld-Wolfen die Produktion von bifazialen Zellen mit der von ihr entwickelten "Heterojunction"-Technologie. Acht Tage später startete sie im sächsischen Freiberg die dazugehörige Modulfabrik mit der ebenfalls hauseigenen ""SmartWire"-Technologie. Die Nennleistung der produzierten Module soll jährlich zunächst 400 MW betragen und dann auf 1000 MW gesteigert werden. Mit der ersten Ausbaustufe wurden bisher 350 neue Arbeitsplätze geschaffen. Wie das Unternehmen am 19. August mitteilte, ist es mit den vorliegenden Bestellungen aus Europa und den USA "bis weit in das vierte Quartal 2021 hinein vollständig ausverkauft". An beiden Standorten laufe die Produktion im kontinuierlichen Schichtbetrieb rund um die Uhr.
Beide Standorte waren schon früher Zentren der deutschen Solarindustrie, die bis etwa 2008 einen enormen Aufschwung erlebte und überaus profitabel war, bis sie infolge der chinesischen Dumping-Importe und politischer Fehlsteuerung bei der EEG-Förderung binnen weniger Jahre so gut wie völlig von der Bildfläche verschwand (siehe Hintergrund, April 2012). Im Bitterfelder Stadtteil Thalheim, der als "Solar Valley" bekannt wurde, hat die Meyer Burger AG eine Fabrik der Firma Sovello übernommen, die vor neun Jahren Insolvenz beantragte (120511). In Freiberg nutzt sie eine ehemalige Produktionsstätte des einstigen Branchenführers Solarworld, der sich am längsten gegen die ausländische Konkurrenz zu behaupten versuchte, bis auch er vor drei Jahren nach zweimaliger Insolvenzanmeldung die Produktion einstellen musste (180909).
Solarworld hatte zuletzt auf die rückseitig verspiegelten PERC-Zellen gesetzt, um sich mit einem höheren Wirkungsgrad von 21 Prozent (monokristallin) bzw. 18,6 Prozent (polykristallin) von der Konkurrenz abzuheben, besaß damit aber kein Alleinstellungsmerkmal (siehe Hintergrund, Mai 2017). Bei Meyer Burger heißen die Hoffnungsträger "Heterojunction" und "SmartWire". Beides sind selber entwickelte und patentierte Technologien. Bei ersten in marktüblicher Größe hergestellten Modulen habe eine Effizienz von 24,7 Prozent nachgewiesen werden können. Dieser Wert zähle zu den höchsten jemals erzielten Moduleffizienzen mit Silizium-Technologie und bestätige Meyer Burgers Anspruch auf Technologieführerschaft.
Zusätzliche Wettbewerbsvorteile erwartet das Unternehmen durch die geplante Erweiterung seines Produkt-Portfolios um ein dachintegriertes Hochleistungs-Solarsystem, das wie traditionelle Dachziegel einfach montiert werden kann. Das neue Solardach soll auf der Fachmesse Intersolar vom 6. bis 8. Oktober 2021 in München erstmals vorgestellt werden. Es zeichne sich durch ansprechende Ästhetik aus, bei gleichzeitig sehr hohem Energieertrag sowie sehr einfacher Montage und Wartbarkeit für die installierenden Dachdecker. Zielanwendungen seien private Dachanlagen mit kompletter Neu- bzw. Ersatzeindeckung, Objekte in Sanierungs- und Denkmalschutzgebieten, Häuser mit begrenzter Dachlast sowie ästhetisch besonders anspruchsvolle Dachinstallationen.