Juni 2022

220602

ENERGIE-CHRONIK


Kohlekraftwerke sollen Stromerzeugung mit Gas weitgehend ersetzen

Die Bundesregierung hat am 19. Juni angekündigt, zusätzliche Kohlekraftwerke aus der Reserve abzurufen, um den Gasverbrauch bei der Stromerzeugung zu senken. Das sei "schmerzlich", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, denn Kohlekraftwerke seien '"einfach Gift fürs Klima" (für das sein Ressort ebenfalls zuständig ist). Aber für eine Übergangszeit sei es notwendig, um Gas einzusparen und über den Winter zu kommen. Sein Ministerium habe bereits die Kraftwerksbetreiber angeschrieben und gebeten, die nötigen Schritte zu veranlassen. Das "Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz", das durch Änderungen am Energiewirtschaftsgesetz und KWK-Gesetz den Abruf der Kohlekraftwerke ermöglicht, wurde am  8. Juni 2022 im Kabinett verabschiedet und soll am 8. Juli beschlossen werden.

Das "Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz"gilt für einen befristeten Zeitraum, der spätestens am 31. März 2024 endet. Folgende Anlagen sind von diesen Regelungen betroffen:

Nach Abruf durch eine Verordnung der Bundesregierung können diese Anlagen vorübergehend am Strommarkt teilnehmen, zur Lastdeckung beitragen und die Stromerzeugung mit Erdgas verdrängen bzw. ersetzen. Für den Bereich der Gaskraftwerke wird eine Verordnungsermächtigung geschaffen, um im Fall einer Gefährdung des Gasversorgungssystems sehr schnell den Einsatz von Gaskraftwerken beschränken und dadurch den Gasverbrauch in der Stromerzeugung noch weiter senken zu können. Diese Maßnahme wird aufgrund ihrer Eingriffsintensität mit einem Auslösekriterium verbunden und zeitlich befristet: Sie kann erst bei einer Gefährdung des Gasversorgungssystems und nur für maximal sechs Monate in Kraft gesetzt werden.

Gas trug 2021 zu ca. 15 Prozent zur öffentlichen Stromerzeugung bei, der Anteil dürfte in den ersten Monaten 2022 aber schon geringer sein. Durch die Maßnahmen zur Reduktion des Gasverbrauchs kann das Stromerzeugungsangebot in einer kritischen Gasversorgungslage um bis zu 10 GW ausgeweitet werden, wodurch der Gasverbrauch zur Stromerzeugung substantiell reduziert wird.

15 Milliarden Euro für Speicherbefüllung

Zugleich hat die Bundesregierung eine Kreditlinie von zunächst 15 Milliarden Euro zur Speicherbefüllung zur Verfügung gestellt,abgesichert durch eine Garantie des Bundes. „Wir füllen die Speicher, sie müssen zum Winter hin voll sein“, sagte Habeck. Noch im Sommer soll zudem ein Gasauktionsmodell an den Start gehen, das industrielle Gasverbraucher anreizt, Gas einzusparen. Die Bundesnetzagentur hat dieses Modell am 21. Juni 2022 näher ausgeführt. Weitere Konkretisierungen werden in den kommenden Wochen erfolgen, damit es zügig an den Start gehen kann. "Wenn darüber hinaus weitere Maßnahmen nötig sind, werden wir sie ergreifen", sagte Habeck.

Gas-Auktionsmodell für den Industrie-Verbrauch

Noch im Sommer soll ein Gasauktions-Modell an den Start gehen, das industrielle Gasverbraucher anreizt, Gas einzusparen. Dazu entwickeln der Marktgebietsverantwortliche Trading Hub Europe (THE), die Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium ein Gas-Regelenergieprodukt, mit dem Industriekunden gemeinsam mit ihren Lieferanten gegen eine rein arbeitspreisbasierte Vergütung ihren Verbrauch in Engpasssituationen reduzieren und Gas dem Markt zur Verfügung stellen können (Demand-Side Management). Damit wird - einer Auktion gleich - ein Mechanismus geschaffen, der industriellen Gasverbrauchern einen Anreiz gibt, Gas einzusparen, das dann wiederum zum Einspeichern genutzt werden kann. Das Modell soll dafür sorgen, dass möglichst viele Gas-Mengen für etwaige Engpasssituationen im kommenden Winter bereitstehen.

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