Mai 2023

230502

ENERGIE-CHRONIK


Habeck will Heizungsgesetz schon vor der Beratung im Parlament "besser machen"

Um das geplante Heizungsgesetz möglichst doch noch vor der Sommerpause im Bundestag über die Hürden zu bringen, kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am 26. Mai erneute Verhandlungen innerhalb der Koalition darüber an, wie sich die vielfach übertriebenen, aber teilweise begründeten Bedenken gegen die vorgelegte Fassung des Gesetzentwurfs entkräften lassen. "Ich will das Gesetz besser machen", sagte er gegenüber der Zentralredaktion der Funke-Mediengruppe, der in Deutschland etwa zwei Dutzend regionale Tageszeitungen und private Radiosender gehören. Er habe Verständnis dafür, dass die Debatte um das "Gebäudeenergiegesetz" viele Menschen verunsichere. Er nehme die Kritik und die Besorgnisse sehr ernst. Unter anderem sei zu erwägen, den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen ab 1. Januar 2024 nur für Neubauten zu untersagen. Bei der klimagerechten Umrüstung von Bestandsgebäuden könne ein langsameres Tempo schon mit Blick auf Lieferengpässe und Handwerkermangel sinnvoll sein.

Nach Pfingsten "eine Reihe von Gesprächen"

Um "nicht nur die Koalitionsfraktionen hinter diesem Gesetz zu vereinen, sondern auch den gesellschaftlichen Rückhalt für Klimaschutz zu erhalten", wollte Habeck gleich nach Pfingsten zusammen mit seinem neuen Staatssekretär Philipp Nimmermann (230503) "eine Reihe von Gesprächen unter anderem mit Verbänden führen und dann meine Vorschläge noch mal einspeisen". Der FDP-Fraktionschef Christian Dürr begrüßte Habecks Ankündigung und zeigte sich zuversichtlich, dass man bei den bevorstehenden Gesprächen gut vorankommen werde.

FDP verhinderte die für den 24. Mai geplante erste Lesung

Die ursprünglich für die Bundestagssitzung am 24. Mai vorgesehene erste Lesung des im April veröffentlichten "Gebäudeenergiegesetzes" (230402) musste abgesagt werden, weil die FDP ihr Einverständnis mit dem Zeitplan zurückzog. Bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfs am 19. April durch das Bundeskabinett hatte sie hingegen lediglich auf einer Protokollnotiz bestanden, wonach die Abgeordneten "im parlamentarischen Verfahren diesen Gesetzentwurf intensiv beraten und auch weitere notwendige Änderungen vornehmen" werden. Nun genügte ihr das plötzlich nicht mehr, weil der Umfang der notwendigen Änderungen zu groß und die Zeit für ihre Einbringung in das parlamentarische Verfahren zu knapp bemessen sei. Damit wurde es sehr fraglich, ob das Gesetz noch vor der im Juli beginnenden Sommerpause des Bundestags verabschiedet werden kann. Habeck warf dem Koalitionspartner deshalb Wortbruch vor.

Den Hintergrund bildete, dass die Oppositionsparteien mit Unterstützung der Springer-Presse und anderer Medien den Eindruck erweckten, als ob zahllose Hausbesitzer, Wohnungseigentümer und Mieter befürchten müssten, durch die geplante "Wärmewende" finanziell überfordert oder gar ruiniert zu werden. In der Tat hatte die Regierung solchen Befürchtungen und der Möglichkeit ihrer politischen Instrumentalisierung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, woran auch das gleichzeitig vorgelegte "neue Förderkonzept zum erneuerbaren Heizen" (230402) nicht viel änderte. Es war deshalb eigentlich klar, dass im Zuge der parlamentarischen Beratung noch Nachbesserungen erfolgen würden. Dem Meinungsumschwung der FDP lagen jedenfalls keine neu aufgetauchten Gesichtspunkte zugrunde, wenn man davon absieht, dass sie wohl ebenfalls nicht mit einer solchen Kampagne gegen das Gesetz gerechnet hatte.

Statt der ersten Lesung gab es auf Antrag der Union eine "Aktuelle Stunde" zum selben Thema

Die Unionsparteien nutzten die Verweigerungshaltung der FDP für die Beantragung einer "Aktuellen Stunde" im Bundestag, die am 24. Mai zum Thema "Heizungspläne der Bundesregierung stoppen – Wärmewende technologieoffen und sozialverträglich neu starten" anstelle der ersten Lesung des Gesetzes stattfand. Als erster Redner zitierte der CDU-Abgeordnete Jens Spahn genüßlich FDP-Äußerungen, wonach der Gesetzentwurf "nicht beratungsreif" sei und von seinen insgesamt 170 Seiten "120 Seiten in die Tonne gehören" würden, um dann zum rhetorischen Tiefschlag anzusetzen: "Man fragt sich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP: Wie konnten Sie bei so substanziellen Bedenken diesem Gesetzentwurf im Kabinett zustimmen? Was soll das Schauspiel, das Sie jetzt hier abliefern, wenn Sie dem Ganzen vorher Ihre Zustimmung gegeben haben?"

Dann machte sich der CDU-Politiker, der gemeinsam mit seinem Ehemann soeben erst seine Luxusvilla in Berlin-Dahlem für mehrere Millionen Euro verkauft hat, mit viel Emphase zum Anwalt des ärmeren Teils der Bevölkerung: "Wir haben eine Rekordinflation. Durchschnittsverdiener haben 400 bis 500 Euro netto im Monat weniger zur Verfügung. Viele wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen, und Sie ziehen hier seit Tagen so ein Schauspiel ab. Sie maximieren Verunsicherung, Frust und Wut durch die Art und Weise, wie Sie miteinander umgehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Ampel, das ist machtvergessen, das ist selbstbezogen, das ist unwürdig. Beenden Sie dieses Schauspiel! Ziehen Sie den Gesetzentwurf zurück!"

Auch die FDP hält den Emissionshandel nur für ein bedingt taugliches Instrument

"Wo sind denn bitte die Vorschläge der CDU/CSU zum Thema Wärme", fragte anschließend als zweiter Redner der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch. "Stattdessen gibt es eine populistische Kampagne, mit der Sie den Menschen etwas vormachen und übelst mit ihren Ängsten spielen." Wenn die Union ersatzweise für den Emissionshandel plädiere, führe das spätestens 2028/2029 zu Preisen, "angesichts derer die Leute, wenn sie weiter auf fossile Energie setzen, entweder nicht mehr heizen können oder aber die Anlagen auswechseln müssen, aber dann ganz plötzlich".

Für die FDP ließ der Abgeordnete Lukas Köhler eine gewisse Bereitschaft erkennen, den Konflikt mit den beiden Koalitionspartnern SPD und Grünen nicht erneut auf die Spitze zu treiben: "Es ist doch klar: Es braucht eine Novelle zum Gebäudeenergiegesetz. Und es ist auch klar: So, wie der Gesetzentwurf von der Regierung gekommen ist, wird er nicht durch dieses Parlament gehen. (....) Die Ampel ist die richtige Regierung, die das diskutieren kann, weil wir die Bandbreite innerhalb Deutschlands abbilden." Seine Partei setze zwar "auf eine starke, klare CO2 -Bepreisung über den Emissionshandel, den wir möglichst vorziehen sollten". Andererseits genüge es aber nicht, allein auf die Wirkung des Emissionshandels zu hoffen: "Das hätte man vor 20 Jahren machen können. Aber jetzt braucht man zusätzliche Maßnahmen, damit der Preis die Leute nicht überfordert."

 

Links (intern)

zum Gebäudeenergiegesetz

zur Nutzung erneuerbarer Wärmequellen

Links (extern, ohne Gewähr)