Juli 2023 |
230704 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Bundestag beschloss in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 7. Juli eine Novellierung des LNG-Beschleunigungsgesetzes, mit der die in Anlage 2 des Gesetzes enthaltene Liste der "Vorhabenstandorte" für den Betrieb von LNG-Terminals geändert wird: Die zunächst ebenfalls in Aussicht genommenen Standorte Hamburg-Moorburg und Rostock (220502) wurden gestrichen, weil in beiden Fällen die Untersuchungen ergeben hätten, dass sie sich nicht eignen. Stattdessen ist nun der Hafen Mukran auf Rügen als neuer Standort für den Betrieb von zwei FSRU-Schiffen vorgesehen, die das von LNG-Tankern angelieferte Flüssiggas regasifizieren und in in eine 50 Kilometer lange Pipeline einspeisen, die durch die Ostsee nach Lubmin führt. Dort wird das Gas dann in das deutsche Ferngasnetz eingespeist. Die Kosten der PIpeline übernimmt der Bund. Sie soll vom Fernleitungsbetreiber Gascade mit Röhren gebaut werden, die ursprünglich für die Erweiterung von "Nord Stream 2" gedacht waren und bisher ungenutzt im Hafen von Mukran liegen.
In dem neuen LNG-Terminal bei Mukran sollen zwei FRSU-Schiffe das Flüssiggas von LNG-Tankern regasifizieren, das dann eine 50 Kilometer lange Pipeline nach Lubmin transportiert, wo es anstelle der entfallenen Gaslieferungen aus Russland in das deutsche Ferngasnetz eingespeist wird. |
Betrieben werden die beiden FSRU-Schiffe in Mukran von dem Unternehmen Deutsche ReGas GmbH & Co. KGaA, das am 14. Januar In Anwesenheit von Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig bereits einen schwimmenden LNG-Terminal in Lubmin eröffnete (230104). Das von Regas gemietete FSRU-Schiff "Neptune" übernimmt dort seitdem das Flüssiggas von LNG-Tankern, regasifiziert es und übergibt es dem Fernleitungsgasnetzbetreiber Gascade, der die Ostsee-Anbindungsleitungen Eugal und Opal betreibt.
Wenn der neue LNG-Terminal in Mukran fertiggestellt ist, soll die in Lubmin stationierte "Neptune" dorthin verlegt werden, um das Flüssigggas der Tanker zu regasifizieren und in die nach Lubmin führende Pipeline einzuspeisen. Zudem wird in Mukran als zweites FSRU-Schiff die "Transgas Power" stationiert. Dadurch erhöht sich die jährlich mögliche Einspeisemenge der Pipeline auf bis zu 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas.
In Lubmin ist kein Ersatz für die nach Mukran verlegte "Neptune" vorgesehen. Es wird dort dann also nur noch über die neue Pipeline in die beiden Ostsee-Anbindungsleitungen Eugal und Nel eingespeist, die früher die russischen Gaslieferungen aufnahmen, die über die beiden "Nord Stream"-Leitungen nach Deutschland gelangten. Begründet wird dies vor allem mit der geringen Tiefe des Greifswalder Bodden, der bisher das Umladen des Flüssiggases auf kleinere Schiffe erfordert, um es von den den LNG-Tankern zum FSRU-Schiff "Neptune" zu bringen. Dessen Tiefgang musste ebenfalls erst von 9,6 auf 5,2 Meter verringert werden, damit es vor Lubmin positioniert werden konnte (221104). Dieser Pendelbetrieb sei zu ineffizient, heißt es nun. Außerdem sei er mit Lärm- und Umweltbelastungen verbunden.
Auf der Insel Rügen stößt das neue LNG-Terminal in Mukran vor allem im benachbarten Ostseebad Binz auf heftigen Widerstand. Man befürchtet negative Auswirkungen auf Tourismus und Umwelt. Die Stadt Binz und Umweltverbände planen deshalb eine Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht. Außerdem hat die von der Stadt beauftragte Berliner Anwaltskanzlei Reiner Geulen gegen den Regas-Geschäftsführer Ingo Wagner Strafanzeige wegen des angeblichen "Verdachts der gewerblichen Geldwäsche" gestellt. Es gebe nämlich Hinweise darauf, dass er Gelder von einem im Steuerparadies Cayman Islands registrierten Finanzfonds auf ihm gehörende Kapitalgesellschaften in Deutschland transferiert habe.
Die Regas wies ihrerseits am 23. Juli solche "substanzlosen Verdächtigungen" zurück. Es handele sich um eine "massive Verdachts- und Desinformationskampagne", um die Seriosität, Glaubwürdigkeit und Leistungsfähigkeit des Unternehmens in Frage zu stellen. "In einer grob rechtswidrigen Pressemitteilung eines interessengebundenen Anwalts wurden absurde Verdächtigungen in den Raum gestellt, die zudem von einer unseriösen Medienberichterstattung weiterverbreitet worden sind. Die Deutsche ReGas wird gegen diese von interessierter Seite gesteuerte Kampagne mit allem Nachdruck vorgehen."
Die LNG-Terminals sind bisher für die deutsche Gasversorgung nur von nachrangiger Bedeutung. Wie das "Handelsblatt" am 7. Juli unter Berufung auf Daten der Bundesnetzagentur berichtete, wurden über die drei LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin im ersten Halbjahr lediglich 33,8 Terawattstunden importiert. Das entspricht einem Anteil von 6,4 Prozent an der Gesamtmenge von rund 526 Terawattstunden Gas, die fast zur Hälfte aus Norwegen kam. Das meiste Flüssigerdgas kam über Wilhelmshaven (21,8 TWh), gefolgt von Brunsbüttel (5,2 TWh) und Lubmin (knapp 7 TWh). Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) stamme das LNG zum weitaus größten Teil aus den USA.