März 2024

240311

ENERGIE-CHRONIK


Primastrom und Voxenergie müssen mindestens 1600 Kunden entschädigen

Die Energieanbieter Primastrom und Voxenergie haben sich in einem außergerichtlichen Vergleich gegenüber dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) verpflichtet, mindestens 1600 Kunden zu entschädigen. Sie hatten diesen Kunden am 28. Dezember 2022 massive Preiserhöhungen abverlangt, die bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft treten sollten und nicht nur wegen der extrem kurzen Frist unzulässig waren.

Anspruch auf Rückzahlung hat vorerst nur, wer sich an der Klage beteiligte

Der Anspruch auf Rücknahme der Preiserhöhungen und Erstattung daraus entstandener Guthaben beschränkt sich vorerst auf solche Kunden, die sich einer vom vzbv angestrengten Musterfeststellungsklage angeschlossen haben. Der Verband zog diese Klage nach Abschluss des Vergleichs zurück, um eine lange gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Er verhandelt aber über weitere Zugeständnisse. Voraussetzung ist allerdings, dass sich noch weitere Kunden melden, die über den Tisch gezogen worden sind.

Bundesnetzagentur drohte mit Zwangsgeld

Rückenwind erhielt die Musterfeststellungsklage des vzbv durch ein Aufsichtsverfahren, das die Bundesnetzagentur im Mai 2022 gegen die Primastrom GmbH und die Voxenergie Gmbh einleitete (die Schwesterfirma vertreibt neben Strom auch Gas und Telefontarife). Am 31. August 2022 stellte die Behörde fest, dass die Preiserhöhungen gegen das Energiewirtschaftsgesetz verstießen und verpflichtete die beiden Firmen zur Rückabwicklung bei Androhung eines Zwangsgelds von 100.000 Euro. Insofern nimmt es nicht wunder, dass sie dem außergerichtlichen Vergleich aufgrund der Musterfeststellungsklage zustimmten, die der vzbv am 13. Oktober 2022 beim Berliner Kammergericht eingereicht hatte.

Im Geschäftsjahr 2020/21 machten beide Firmen einen Reibach von 10,7 Millionen Euro

Primastrom und Voxenergie gehören einer Primaholding GmbH, die unter derselben Adresse in Berlin-Tempelhof angesiedelt ist und noch über insgesamt 16 weitere Firmenmäntel verfügt. Die beiden Energieanbieter sind aber mit Abstand die wichtigsten. Nach Angaben des Geschäftsführers Marijan Vukusic im "Bundesanzeiger" erbrachten sie im Geschäftsjahr 2020/21 einen Jahresüberschuss von 10,7 Millionen Euro.

Primastrom unterlief das Verbot der Telefonwerbung mit "Bitte um Rückruf!"

Typisch für das grenzwertige Geschäftsgebaren beim Kundenfang war, wie Primastrom im Februar dieses Jahres das Verbot der Telefonwerbung zu unterlaufen versuchte: Die ins Visier genommenen Kunden bekamen ein Schreiben mit der "Bitte um Rückruf!" Weiter hieß es dann: "Sehr geehrte/r [...], es geht um Ihre Stromversorgung. Ihre Mithilfe ist erforderlich. Bitte melden Sie sich unter der Rufnummer 030/166360533." Eine Identifikationsnummer im Briefkopf erweckt zudem den Anschein, als ob bereits eine Kundennummer bestünde. Um Zweifel an der Seriosität des Ansinnens zu zerstreuen, prangte im Kopf des Schreibens das Emblem des TÜV Süd für eine "Zertifizierte Stromkennzeichnung" sowie das "Sehr gut", mit dem ein ominöses "Deutsches Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e.V." den Kunden-Service des Stromanbieters ausgezeichnet hat. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen mahnte deshalb Primastrom am 27. Februar ab und warnte das Publikum vor solchen Rückruf-Aufforderungen.

 

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