Juni 2024

240603

ENERGIE-CHRONIK


Neues EU-Sanktionspaket soll russische LNG-Exporte erschweren

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einigten sich am 20. Juni auf ein 14. Sanktionspaket gegen Russland, um dessen seit über zwei Jahren andauernden Krieg gegen die Ukraine zu ahnden und die Exporterlöse zu mindern, mit denen der Kreml seinen Krieg finanziert. Wichtigster Bestandteil ist ein Wiederausfuhrverbot für russisches Flüssiggas (LNG), das mit Schiffen nach Häfen der EU gebracht und dort umgeschlagen wird. Solche Lieferungen dürfen künftig nur noch an Abnehmer in der EU weitergeleitet werden, die damit ihren eigenen Bedarf decken. Nicht mehr erlaubt ist dagegen die Nutzung der LNG-Häfen für den weltweiten Umschlag.

Ersatzlösungen für das bisherige Umladen des Yamal-Gases in EU-Häfen würden sich kaum lohnen

Damit versucht die EU zum ersten Mal, die Einkünfte zu begrenzen, die das Putin-Regime mit russischen Erdgas erzielt, das 15 Spezialschiffe regelmäßig von einer Verflüssigungsanlage auf der Yamal-Halbinsel jenseits des Polarkreises zu den Häfen Zeebrügge in Belgien und Montoir in Frankreich bringen (240304). Dort wird das Flüssiggas dann zum Teil regasizifiert und in das Gasnetz der EU eingespeist. Zum großen Teil wird es aber auch von den Spezialschiffen auf konventionelle LNG-Tanker umgeladen, die es in andere Länder außerhalb der EU transportieren. Das ist nun nicht mehr erlaubt. Die bisherige Logistik zum Weitertransport des Flüssiggases nach anderen Abnehmerländern wird damit unterbrochen, denn Ersatzlösungen würden so verteuert, dass sie sich nicht lohnen. So zumindest die Überlegung.

Deutschland machte sich als "das neue Ungarn" bei EU-Partnern unbeliebt

Eine weitere Maßnahme des 14. Sanktionspakets hätte auch die Tochtergesellschaften von EU-Unternehmen in Drittländern vertraglich verpflichtet, die Wiederausfuhr ihrer Waren nach Russland zu verbieten. Diese "No Russia"-Klausel, die vor allem den Export kriegswichtiger elektronischer Produkte nach Russland verhindern sollte, wurde aber von Deutschland als einzigem EU-Staat mit der Begründung abgelehnt, dass sie für die eigene Wirtschaft zu nachteilig sei. Die Bundesregierung musste sich daraufhin den Vorwurf gefallen lassen, "das neue Ungarn" zu sein, nachdem sogar das russlandfreundliche Orban-Regime seinen Widerstand gegen die geplante Regelung aufgegeben hatte.

Die bundeseigene SEFE will mit russischem LNG auch Verträge mit Kunden in Drittstaaten erfüllen können

Der entscheidende Grund für die Ablehnung war offenbar die Befürchtung, dass diese Klausel den bundeseigenen Gashändler SEFE daran hindern würde, langfristige Lieferverträge zu erfüllen, die seinerzeit von der Gazprom Germania geschlossen wurden, aus deren Übernahme und Verstaatlichung er hervorgegangen ist (221111). So hatte SEFE-Chef Egbert Laege im Februar gegenüber der Agentur Bloomberg die Absicht bekundet, einen langfristigen Vertrag mit der indischen GAIL Ltd. durch ein Tauschgeschäft zu erfüllen, bei dem die entsprechenden russischen LNG-Gasmengen in der EU verbleiben. Auf die geplante "No Russia"-Klausel hat die Kommission dann vorerst verzichtet. Der hartnäckige deutsche Widerstand führte aber zu erheblicher Verstimmung bei anderen EU-Staaten.

Vorläufiger Verzicht auf "No Russia"-Klausel befreit EU-Unternehmen nicht von sorgfältiger Prüfung

Die erzielte Einigung wurde am 24. Juni vom EU-Rat förmlich bestätigt. Wie der EU-Außenbeauftragte Joseph Borrell dazu erklärte, müssen – ungeachtet des Verzichts auf die "No Russia"-Klausel – "die EU-Muttergesellschaften nach besten Kräften sicherstellen, dass ihre Tochtergesellschaften in Drittländern nicht an Aktivitäten beteiligt sind, die zu einem Ergebnis führen, das durch die Sanktionen verhindert werden soll". Vor allem gilt das für die Wiederausfuhr von Waren, die für Russland von militärischer Bedeutung sein können.

Ferner beschloss der Rat unter anderem folgende Sanktionen:

 

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