September 2023 |
230914 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Öl-Embargo, das der Europäische Rat mit seinem sechsten Sanktionspaket gegen Russland beschloss (220604), verhindert nicht die weitere Einfuhr von russischem Rohöl und daraus hergestellten Produkten in die Europäische Union. Dies ergibt sich indirekt aus einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 12. September. Demnach beliefen sich die deutschen Importe von Mineralölerzeugnissen aus Indien in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 2022 auf 451 Millionen Euro, während es 2022 im selben Zeitraum nur 37 Millionen Euro waren. Es gelangte also eine ungefähr zwölfmal größere Menge an Öl und Ölprodukten über Indien nach Europa. Dieser Anstieg hat offensichtlich damit zu tun, dass seit Jahresbeginn die beschlossenen Sanktionen gelten, in der Praxis aber weitgehend nicht greifen, weil sie mit Hilfe von Zwischenhändlern oder Weiterverarbeitern des russischen Öls in Drittstaaten wie Indien unterlaufen werden. Daran scheinen auch die Maßnahmen nicht viel zu ändern, die von den EU-Staaten im Juni beschlossen wurden, um eine Umgehung der gegen Russland verhängten Sanktionen über Drittstaaten zu verhindern (230606).
Wie die Organisation Global Witness am 30. August mitteilte, kauften die EU-Mitgliedsstaaten zwischen Januar und Juli dieses Jahres 22 Millionen Kubikmeter Flüssiggas (LNG) russischer Herkunft für schätzungsweise 5,3 Milliarden Euro. Das sei ein Anstieg um 40 Prozent gegenüber 15 Millionen Kubikmetern im gleichen Zeitraum 2021. Spanien sei mit einem Anteil von 18 Prozent inzwischen weltweit der zweitgrößte Abnehmer von russischem LNG nach China (20 Prozent) und vor Belgien (17 Prozent). Die NGO-Organisation beruft sich bei den Mengenangaben auf Daten von Kpler, einem Anbieter von Rohstoffdaten, Analysen und Markteinblicken. Die Preisangabe ermittelte sie auf Grundlage der vom Centre for Research on Energy and Clean Air geschätzten russischen LNG-Preise.
"Das Embargo funktioniert nicht, auf keinem Gebiet", erklärte der Nahost-Experte Michael Lüders am 14. September gegenüber dem Deutschlandfunk. "Es gibt nicht hinlänglich Alternativen, vor allem nicht im Bereich Gas und Öl, und das haben andere Länder auf der Welt natürlich verstanden: China, Ägypten, Saudi-Arabien und andere Länder kaufen in großem Umfang russisches Öl und russisches Gas ein und verkaufen es dann weiter, zum Beispiel an die Europäische Union oder nach Deutschland, allerdings unter einem anderen Label. Dieses Gas oder Öl erreicht uns dann unter der Überschrift indisches Öl oder ägyptisches."