Februar 2023

230207

ENERGIE-CHRONIK


Polen bezieht weiter Öl aus Russland

Im Unterschied zu Deutschland hält Polen seine Zusage nicht ein, ab 2023 kein Pipeline-Öl mehr aus Russland zu beziehen (220604). Wie sich jetzt herausstellte, deckt der staatliche Mineralölkonzern PNK Orlen noch immer einen Teil seines Bedarfs aus der nördlichen Abzweigung der russischen Erdölleitung Druschba. Laut polnischen Berichten, die sich auf die russische Tageszeitung "Wedomosti" stützen, sollen es im Januar 300.000 Tonnen Erdöl gewesen sein, was einem Drittel der polnischen Raffineriekapazität entsprach. Die zitierte Petersburger Tageszeitung bezog sich ihrerseits auf Angaben des russischen Energieministeriums. Offenbar hat der Kreml diese Information absichtlich gestreut, um die Uneinigkeit der EU-Staaten bei dem im Juni vergangenen Jahres beschlossenen sechsten Sanktionspaket vorzuführen und nach Möglichkeit noch zu vergrößern.

Am 1. Februar veröffentlichte der Mineralölkonzern PNK Orlen dazu eine Pressemitteilung, die den Sachverhalt im wesentlichen bestätigte. Ende Januar sei ein mit der russischen Rosneft geschlossener Vertrag über die Lieferung von 3,6 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr ausgelaufen, hieß es. Künftig würden jedoch "bis zu 90 Prozent" des verarbeiteten Rohöls aus nicht-russischen Quellen stammen. PNK Orlen sei "jetzt vollständig darauf vorbereitet, ohne russische Rohöllieferungen zu arbeiten, so dass die Verhängung neuer Sanktionen gegen Ölimporte aus Russland die Geschäftstätigkeit des Unternehmens in keiner Weise beeinträchtigen würde".

Der Konzern und die polnische Regierung behalten sich demnach vor, weiterhin zehn Prozent des Ölbedarfs oder auch mehr aus Russland zu beziehen. Die Versicherung, einen die gesamte Druschba betreffenden Sanktionsbeschluss nun mittragen zu können, ändert daran überhaupt nichts, weil ein solcher Beschluss künftig ebensowenig zustande kommen wird wie im Juni vergangenen Jahres. Dafür sorgt schon Ungarn. Die Zusagen Polens und Deutschlands, ab 2023 freiwillig auf weitere Öllieferungen über die "Druschba" zu verzichten, kamen schließlich nur deshalb zustande, weil der Putin-Freund Orban kein EU-Embargo gegen die Druschba akzeptieren wollte. Das im Juni beschlossene EU-Ölembargo beschränkt sich deshalb auf Seetransporte. Außerdem trat es erst mit halbjähriger Verzögerung in Kraft. Das trieb die russischen Ölexporte zunächst sogar in die Höhe und ermöglichte den Mineralölkonzernen die Abschöpfung überhöhter Preise (221106).

Raffinerie Schwedt bisher nur zur Hälfte ausgelastet - Noch keine Lieferverträge über Danzig

Die seit September unter staatliche Treuhandverwaltung gestellte PCK-Raffinerie in Schwedt (220907) hat pünktlich zum Jahresbeginn ihre Öl-Bezüge aus Russland eingestellt, wie dies bei den Verhandlungen über das sechste EU-Sanktionspaket von Deutschland zugesichert wurde (220604). Sie hat seitdem aber größere Probleme mit der Ersatzbeschaffung, als zunächst angenommen worden war. Nach Angaben des brandenburgischen Wirtschaftsministers Jörg Steinbach lag die Auslastung im Februar bei weniger als sechzig Prozent. Als Ziel gelten mindestens 70 Prozent. Im April und Mai werden Wartungsarbeiten die Kapazität sogar unter 50 Prozent drücken. Dennoch werde es auch dann keine Versorgungsengpässe bei Diesel geben, versicherte die Landesregierung.

Wie Steinbach am 20. Februar nach einer Sondersitzung der "Task-Force-Schwedt" von Bund, Brandenburg und Kommunen erklärte, müssen möglichst schnell belastbare Lieferverträge über Danzig zustande kommen, um die Raffinerie auch über diesen polnischen Ostseehafen versorgen zu können. Bisher ist das nur über eine zum Hafen Rostock führende Pipeline mit beschränkter Kapazität möglich. Polen verhält sich in dieser Frage allerdings nicht sehr entgegenkommend. Die nationalistische PiS-Regierung in Warschau hatte ihre Zustimmung zunächst davon abhängig gemacht, dass die PCK-Raffinerie dem Kommando des russischen Ölkonzerns Rosneft entzogen wird. Nachdem die Raffinerie unter Treuhandverwaltung gestellt wurde, ist diese Forderung faktisch erfüllt. Damit will sie sich aber nicht zufrieden geben, sondern verlangt auch das Ausscheiden von Rosneft als formaler Mehrheitseigentümer. Anscheinend verfolgt sie damit das eigentliche Ziel, die Rosneft-Beteiligung an der Raffinerie Schwedt dem polnischen Mineralölkonzern PNK Orlen zukommen zu lassen, der ein wichtiger Teil ihres Machtgefüges ist.

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