November 1994

941103

ENERGIE-CHRONIK


Niederlage für Bundeskartellamt im Streit um Durchleitung von Gas

Der Versuch des Bundeskartellamts, ein Exempel für die Durchleitung von Gas zu statuieren, ist jetzt auch vor dem Bundesgerichtshof gescheitert. Das Kartellamt wollte die Verbundnetz Gas AG (VNG) verpflichten, die Papierfabrik Weißenborn, die bisher VNG-Kunde war, über VNG-Leitungen mit Erdgas des Konkurrenten Wintershall zu beliefern. Eine entsprechende Verfügung des Bundeskartellamtes vom 29.6.1992 war jedoch vom Kartellsenat des Berliner Landgerichts am 9.6.1993 aufgehoben worden. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat jetzt am 15.11. die Beschwerde des Bundeskartellamts gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Die Begründung des Urteils soll in etwa zwei Monaten vorliegen (FAZ, 17.11.; SZ, 17.11.; siehe auch 930605 u. 921105).

Als weitere Musterverfahren zur Durchleitung von Strom und Gas betrachtet das Kartellamt den Streit um den Konzessionsvertrag der RWE Energie mit der Stadt Kleve (940701) sowie die Untersagung eines Demarkationsvertrags zwischen Ruhrgas und Thyssengas (siehe 940406). Die Untersagung des Demarkationsvertrags wird Anfang kommenden Jahres vor dem Berliner Kammergericht verhandelt. Die Auseinandersetzung in Kleve ist inzwischen in Brüssel anhängig und soll auf Antrag der Europäischen Kommission vom Europäischen Gerichtshof überprüft werden.

Die Süddeutsche Zeitung (17.11.) bemerkte dazu: "Den Kartellwächtern in Berlin und Brüssel brechen zwei von drei Säulen weg, auf denen ihre Hoffnungen ruhten, es könnte ihnen gelingen, mehr Wettbewerb in der Energiewirtschaft anhand von konkreten Fällen zu entfachen."

Die Frankfurter Allgemeine (18.11.) meinte: "Das Kartellamt versucht, das geltende Recht weit auszulegen, um mehr Wettbewerb zu schaffen. Sein bisher vergebliches Bemühen führt die Notwendigkeit einer Energierechtsreform um so klarer vor Augen."