Juli 1995

950703

ENERGIE-CHRONIK


Merkel stoppt hessische Amtskollegin bei Stillegungsverfügung für Biblis A

Die hessische Umweltministerin Iris Blaul (Grüne) hat am 20.7. erneut angekündigt, den Block A im Kernkraftwerk Biblis stillegen zu lassen, weil der aktuelle Stand der Anlage von den seinerzeit genehmigten Plänen abweiche, Mängel beim Brandschutz bestünden und Sicherheitsvorkehrungen gegen Sabotage fehlten. Drei definitive Stillegungsverfügungen würden der RWE Energie zum 28.7. zugestellt. Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) hat daraufhin ihre hessische Amtskollegin noch am selben Tag mit einer "verfahrensrechtlichen Weisung" angewiesen, die beabsichtigte Anordnung "nicht ohne vorherige Zustimmung" des Bundesumweltministeriums zu erlassen. Blauls Ankündigung laufe praktisch auf eine "Vereitelung einer verantwortlichen bundesaufsichtlichen Prüfung" hinaus (FAZ, 21.7.; siehe auch 950605).

Die RWE Energie protestierte in einer Stellungnahme gegen den "Stillegungskurs" der hessischen Umweltministerin. Die von Iris Blaul angeführten Gründe habe das Unternehmen bereits in einer ausführlichen Stellungnahme eindeutig widerlegt. Mit zum Teil gleichen Argumenten habe bereits ihr Vor-Vorgänger Joschka Fischer im vergangenen Jahr versucht, den Block A stillzulegen (siehe 940413).

Leck verzögert Wiederinbetriebnahme

Die mögliche Wiederinbetriebnahme des derzeit in Revision befindlichen Blocks A im Kernkraftwerk Biblis hat sich aus technischen Gründen verzögert. Nach Mitteilung der RWE Energie wurde am 7.7. bei den Vorbereitungen für das Wiederanfahren "eine Tropfleckage in einem während des Leistungsbetriebs drucklosen Bereich des Not- und Nachkühlsystems" entdeckt. Zur Untersuchung der Schadensstelle mußten die bereits eingesetzten frischen Brennelemente wieder entladen werden (FR, 8.7; SZ, 10.7.).

Die Untersuchung der Schadensstelle wurde vom hessischen Umweltministerium mit der Begründung untersagt, daß noch kein umfassendes Prüfkonzept vorliege. RWE Energie gelang es jedoch, die ministerielle Verfügung mit juristischen Mitteln zeitweilig außer Kraft zu setzen und die Untersuchung durchzuführen, bevor das Ministerium per Sofortvollzug die Wirkung des Bescheids wiederherstellen konnte (FR, 22.7.).