Juli 1995 |
950710 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) will zum 1. Januar 1997 im nationalen Alleingang eine Energiesteuer einführen, falls es bis dahin keine Einigung in der EU gibt. Sie soll zunächst ausschließlich die privaten Verbraucher treffen und leichtes Heizöl mit 3,4 Pfennig je Liter, Erdgas mit 2,3 Pfennig je Kubikmeter und Strom um etwa einen Pfennig je Kilowattstunde verteuern. Schrittweise soll diese Steuer dann mehr als verdoppelt werden. Die Wirtschaft bleibt davon weiterhin freigestellt, wenn sich bis 1999 herausstellt, daß sie die eingegangenen Selbstverpflichtungen zum Kohlendioxid-Ausstoß (siehe 950305) erfüllt hat. Nach Rexrodts Vorstellungen könnte mit dem Aufkommen dieser Steuer eine einprozentige Senkung der Einkommensteuer bestritten werden (FAZ, 14.7.; siehe auch 950608).
Rexrodts Pläne stießen sowohl innerhalb der Koalition als auch bei Opposition und Industrie auf scharfe Kritik. Der Umweltexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, Gerhard Voss, hielt Rexrodt vor, daß er umweltschädliche Energieträger genauso hoch belasten wolle wie ökologisch verträgliche Energien. Im Gegensatz zu einer Kohlendioxid-Steuer weise die von ihm vorgeschlagene Steuer auch keinen Emissionsbezug auf. Außerdem würde eine solche allgemeine Energiesteuer die unteren Einkommen am härtesten treffen, in deren Budget sich die Energiekosten am stärksten auswirken, während sie von der einprozentigen Einkommensteuersenkung am wenigsten profitieren würden (ADN, 18.7.).
Der "Eiertanz" des Bundeswirtschaftsministers
veranlaßte das Handelsblatt (17.1.) zu dem Kommentar: "Wer
soll diese FDP noch verstehen? Aus ihrer Sicht ist die Einführung
einer Stromsteuer 1996 eine Katastrophe, ein Jahr später
aber ein Beitrag für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts
Deutschland. Dieses Bild vermitteln jedenfalls derzeit führende
FDP-Politiker, allen voran Bundeswirtschaftsminister Günter
Rexrodt."