März 1996

960303

ENERGIE-CHRONIK


Bundeskartellamt unterliegt im Streit um Beteiligungen an lokalen Stromversorgern

Zum zweitenmal hob der Kartellsenat des Berliner Kammergerichts eine Verfügung auf, mit der das Bundeskartellamt die Beteiligung an einem lokalen Stromversorger untersagt hatte, weil die Erwerber damit eine bereits bestehene marktbeherrschende Stellung absichern würden. Bei der jetzt erfolgten Entscheidung ging es um die Beteiligung der RWE Energie an dem Gemeinschaftsunternehmen Stromversorgung Aggertal in Höhe von 49,99 Prozent (siehe 950212). Zuvor hatte das Gericht bereits die Verfügung des Bundeskartellamts in dem ähnlich gelagerten Fall der Stadtwerke Garbsen aufgehoben, an denen sich der Regionalversorger Hastra und die Stadtwerke Hannover beteiligen wollen (siehe 960105). Der Fall Garbsen ist inzwischen beim Bundesgerichtshof anhängig (Handelsblatt, 21.3.).

Die Absicht des Landes Bremen, der Veba eine Beteiligung von 24,9 Prozent an den Stadtwerken zu überlassen (siehe 950712 u. 951109), ist vom Bundeskartellamt inzwischen mit einer Abmahnung quittiert worden. Falls die Stadt an ihrem Vorhaben festhält, will die Behörde im Juli über eine Untersagung entscheiden (FAZ, 5.3.).

Presse sieht Kartellamt auf dem richtigen Weg

In der Presse werden die Aktivitäten des Bundeskartellamts beifällig kommentiert. Die Süddeutsche Zeitung (5.3.) sieht im vertraglich abgesicherten Gebietsschutz ein ungerechtfertigtes Privileg der Energieversorger. Es sichere diesen Monopolgewinne, die sie zur Expansion in anderen Märkten einsetzen könnten. Die Frankfurter Rundschau (5.3.) und die Stuttgarter Zeitung (5.3.) veröffentlichten einen größtenteils identischen Kommentar, in dem es hieß: "Ein ausgeklügeltes System von Gebietskartellen sichert den Strom- und Gaskonzernen satte Gewinne auf Kosten der Verbraucher. ... Mit Pilotverfahren gegen die Versorger versuchen die Wettbewerbshüter, endlich für mehr Konkurrenz in der Strom- und Gasbranche zu sorgen. Doch klar ist: Solange in Brüssel und Bonn die Liberalisierung am Widerstand der Energielobby scheitert, kämpft das Kartellamt auf verlorenem Posten."