Januar 1997

970107

ENERGIE-CHRONIK


Drei deutsche EVU und ein US-Unternehmen in der Endrunde um Verkauf der Bewag

Der geplante Verkauf der Berliner Kraft- und Licht AG (Bewag) schlägt weiter hohe Wellen. Am 15.1. billigte ein Landesparteitag der Berliner SPD den Totalverkauf aller Landesanteile an Bewag und Gasag, wie ihn die Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) vorgeschlagen hatte, sowie weitere Maßnahmen zur Privatisierung von Landesvermögen. Die Absicht der Finanzsenatorin, ausländische Anbieter mindestens gleichrangig oder sogar bevorzugt zu behandeln, stößt aber innerhalb der Großen Koalition auf Widerstand: Kurz nach dem Beschluß des SPD-Parteitags erklärte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Klaus Landowsky, es sei bei gleich günstigen Angeboten die bessere Lösung, die Bewag an ein deutsches Unternehmen zu verkaufen. "Ich möchte nicht, daß über das Schicksal der Bewag in Houston oder Manchester entschieden wird", sagte Landowsky mit Blick auf die ausländischen Unternehmen, die neben dem Konsortium aus Veba und VIAG ihr Interesse an der Bewag bekundet hatten. Für zusätzliche Irritationen sorgten Presseberichte, wonach die ausländischen Bewerber angeblich gar keine Chance hätten, mit der Kapitalmehrheit auch die Mehrheit im Aufsichtsrat zu erhalten, weil ein entsprechender Vertrag den bisherigen Minderheitsaktionären PreussenElektra und Bayernwerk besondere Privilegien sichere. Daraufhin zeigten die britische PowerGen und das US-Unternehmen Enron kein Interesse mehr an der Abgabe eines Angebots. Lediglich der US-Stromerzeuger Southern Company (Atlanta) gab bis Ende der Frist am 27.1. ein Angebot ab. Drei weitere Angebote legten Veba, VIAG und die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) vor. Presseberichten zufolge haben die drei deutschen Stromversorger ihre Beteiligungswünsche aufeinander abgestimmt, so daß sie nicht als Konkurrenten auftreten (Handelsblatt, 24.1. u. 29.1.; SZ, 29.1.; siehe auch 961208).

Ihren ursprünglichen Plan, sich als Konsortium um das ganze Aktienpaket zu bewerben, scheinen die deutschen Stromversorger angesichts der massiven Bedenken des Bundeskartellamts aufgegeben zu haben: Die Veba ist über die PreussenElektra bereits mit zehn Prozent der Aktien und 14 Prozent der Stimmen an der Bewag beteiligt, ebenso die VIAG über das Bayernwerk. PreussenElektra verfügt überdies über eine starke Stellung im angrenzenden Brandenburg. An den HEW, die nunmehr mit ins Boot genommen wurden, ist PreussenElektra mit 12,5 Prozent beteiligt. Wegen der kartellrechtlichen Probleme wird es für möglich gehalten, daß sich die deutschen Stromversorger mit Southern Company über einen gemeinsamen Erwerb der Bewag-Anteile verständigen.

Die Berliner Zeitung (30.1.) erklärt die heftigen Auseinandersetzungen um die Bewag vor allem damit, daß ausländische Interessenten auf diese Weise Zugang zum deutschen Verbundnetz bekämen: "Durch die Übernahme des Berliner Unternehmens könnten sie schon vor der geplanten Liberalisierung des europäischen Energierechts auf dem deutschen Strommarkt Fuß fassen. Das aber wollen die um ihr lukratives Versorgungs- und Preismonopol fürchtenden deutschen Stromversorger um nahezu jeden Preis verhindern."