Februar 1999 |
990201 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Bundestag billigte am 3. März mit den Stimmen der rot-grünen Koalition die Öko-Steuerreform zur Erhöhung der Mineralölsteuer und Einführung einer Stromsteuer. Die Mineralölsteuer erhöht sich ab 1. April dieses Jahres für Kraftstoffe auf sechs Pfennig pro Liter, für Heizöl auf vier Pfennig pro Liter und für Gas um 0,32 Pfennig je Kilowattstunde. Zugleich wird eine Stromsteuer von 2 Pfennig je Kilowattstunde eingeführt. Das gesamte produzierende Gewerbe braucht allerdings nur 20 Prozent dieser Regelsätze zu zahlen. Wenn die Belastung von Unternehmen durch die neue Ökosteuer um mehr als 20 Prozent über der Entlastung aufgrund der zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Senkung der Lohnnebenkosten liegt, erhalten sie den überschießenden Betrag zurück. Die Erstattung wird von den Hauptzollämtern abgewickelt, bei denen ein entsprechender Antrag eingereicht werden muß. Dies gilt allerdings nur für Betriebe, die jährlich mehr als 1000 DM Ökosteuern zahlen. Um die Anträge dieser ca. 210 000 Unternehmen zu bearbeiten, werden die Hauptzollämter rund 500 Mitarbeiter neu einstellen müssen.
Von der Mineralölsteuer komplett befreit wird die Kraft-Wärme-Kopplung, wenn das Kraftwerk den eingesetzten Brennstoff im Jahresmittel zu mindestens 70 Prozent ausnutzt. Die zeitweilige Überlegung, auch moderne GuD-Kraftwerke steuerlich zu begünstigen, wenn sie den Strom mit einem Wirkungsgrad von mindestens 55 Prozent erzeugen, wurde nicht in das Gesetz mitaufgenommen, weil dies nach Ansicht von Experten nur zu Mitnahme-Effekten geführt hätte.
Bei der Stromsteuer ermäßigt sich der Regelsatz von 2 Pf/kWh für das produzierende Gewerbe sowie Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft auf 0,4 Pfennig/kWh, soweit der jährliche Stromverbrauch 50 Megawattstunden übersteigt. Ferner gilt ein ermäßigter Steuersatz von 1 Pf/kWh für den Fahrbetrieb von Bahnen und O-Bussen sowie für den Betrieb von Nachtspeicherheizungen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes installiert worden sind. Strom aus erneuerbaren Energieträgern ist ganz von der Steuer befreit, soweit der Erzeuger ihn selbst verbraucht oder über ein ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen gespeistes Netz bzw. eine entsprechende Leitung zum Letztverbraucher liefert (die Durchleitung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen unterliegt also der Besteuerung). Von der Stromsteuer nicht erfaßt wird ferner Strom aus Eigenerzeugungsanlagen mit einer Nennleistung bis 700 Kilowatt.
Die Öko-Steuerreform ist Bestandteil der Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Grünen und war am 20.11.98 vom Bundestag in erster Lesung behandelt worden (981102). Der ursprüngliche Gesetzentwurf erfuhr seitdem mehrfach Veränderungen. Zunächst wurde die vorgesehene pauschale Befreiung besonders energieintensiver Branchen wegen des voraussichtlichen Einspruchs der EU-Kommission fallengelassen (981206 u. 990106). Am 11.2. präsentierten SPD und Grüne eine neue, als "endgültig" bezeichnete Fassung des Gesetzentwurfs, die der Finanzausschuß des Bundestags am 18.2. billigte. Aber auch sie wurde nochmals zugunsten von Bahnen und Landwirten geändert. Nach erneutem Passieren des Finanzausschusses am 24.2. konnte der Gesetzentwurf infolge von Verzögerungen, die nach Meinung von SPD und Grünen der FDP anzulasten sind, nicht mehr fristgemäß den Abgeordneten zugestellt werden. Die Verabschiedung durch den Bundestag wurde deshalb vom 26.2. auf den 3.3. verschoben. Die Koalition hatte es mit der Verabschiedung des Gesetzes auch deshalb sehr eilig, weil sie nur noch bis Anfang April über die Mehrheit im Bundesrat verfügt (FAZ, 11.2.; Handelsblatt, 25.2. u. 26.2.).
"Die von der Koalition im Eilverfahren beschlossene
veränderte Fassung des Ökosteuergesetzes bleibt eine Mogelpackung,
die nicht der Umwelt dient", erklärte am 12.2. der Hauptgeschäftsführer
der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), Eberhard Meller.
Völlig unverständlich sei vor allem, daß die Neufassung
ohne eine angemessene Beteiligung von Sachverständigen durchgezogen
werden solle. Die überproportionale Besteuerung des Stroms bleibe
erhalten, und ökologisch sinnvolle Stromanwendungen wie die Wärmepumpe
würden nach wie vor verteuert. Die Weitergabe der Stromsteuer an den
Stromverbraucher sei nicht klar geregelt.