Juli 1999

990703

ENERGIE-CHRONIK


Braunschweiger Versorgungs AG wirbt um Stromkunden in Hamburg

Die Braunschweiger Versorgungs AG wirbt seit 14. Juli mit großem Aufwand um Stromkunden in Hamburg. So wurden Anzeigen in Tageszeitungen geschaltet ("Strom aus Braunschweig bundesweit am billigsten") und zehntausende von Anschreiben an Privathaushalte und Gewerbebetriebe verschickt. Die Tochter der Stadtwerke Braunschweig fordert darin die bisherigen Kunden der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) zum Wechsel des Stromversorgers auf und stellt einen um 20 Prozent günstigeren Strompreis in Aussicht. Nachdem die Ares Energie AG bereits seit Juni bundesweit um private Stromkunden wirbt (990602), können Hamburger Tarifkunden nunmehr unter drei Anbietern wählen. Außerdem haben sie die Wahl unter den drei Ökostrom-Anbietern "Newpower" (HEW/Shell), "Nordstrom" und "Ökostrom", wenn sie gewillt sind, für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien einen Aufpreis zu zahlen (Hann. Allgemeine, 14.7.; Hamburger Morgenpost, 19.7.).

Hamburg als bundesweiter Testmarkt?

Die Braunschweiger Stadtwerke sehen Hamburg als bundesweiten Testmarkt. Die Hansestadt habe neben München die bundesweit höchsten Strompreise (990313). Außerdem sei hier die Stromdurchleitung bereits verbindlich geregelt. Durch den Wechsel zum Braunschweiger Anbieter ändere sich für die Hamburger Kunden praktisch nichts außer der Rechnung, die künftig aus Braunschweig kommt. Die Durchleitungsgebühr an die HEW wird mit 10,5 Pf/kWh beziffert. Den benötigten Strom wollen die Braunschweiger aus Eigenerzeugung, vom Vorlieferanten PreussenElektra oder über den Stromhändler IPC beziehen (Braunschweiger Zeitung, 14.7.).

Die Braunschweiger Stadtwerke haben im vergangenen Jahr im Versorgungsbereich einen Gewinn von nur noch 37,7 Millionen Mark gegenüber 43,7 Millionen Mark im Jahr 1997 erwirtschaftet, wofür Geschäftsführer Arnulf Brandstetter das neue Energierecht bzw. den Druck auf die Strompreise im Wettbewerb um Großkunden verantwortlich macht. Um sich im Wettbewerb besser behaupten zu können, will die Braunschweiger Versorgungs AG mit dem neuen regionalen Energieversorger Avacon zusammenarbeiten, unter dessen Dach die PreussenElektra AG derzeit ihre Tochtergesellschaften Hastra AG (Hannover), EVM AG (Magdeburg), Landesgasversorgung Niedersachsen AG (Sarstedt) und Überland-Zentrale Helmstedt AG (Helmstedt) zusammenführt (990512).

HEW bieten Tarifkunden neuen Strompreis von 25,7 bis 30 Pfennig pro Kilowattstunde

Die HEW reagierten auf die Vorstöße der Konkurrenten mit dem neuen Preismodell "HEW Future", das ab 1. August gültig ist und unter Koppelung an den jeweils gültigen Haushaltskundentarif prozentuale Ermäßigungen gewährt. So zahlt der Kunde anstelle des derzeit gültigen Tarifs von 32,9 Pf/kW nur rund 30 Pf/kWh - je nach Dauer der vertraglichen Bindung und Höhe des Stromverbrauchs. Ab 3000 kWh/Jahr wird der Strombezug noch günstiger, sofern der Kunde über einen Zweitarifzähler verfügt und einen geschätzten Nachtstromverbrauch von 25 Prozent hat: Bei zwei Jahren Vertragsdauer kostet die Kilowattstunde dann 26,1 Pfennig und bei drei Jahren 25,7 Pfennig. Nach Meinung der HEW ermöglicht das neue Angebot einen noch günstigeren Strombezug als die konkurrierenden Angebote. Sie sehen deshalb in der Anzeigenaktion der Braunschweiger Versorgungs AG eine irreführende Werbung.

Laut Hamburger Abendblatt (3.7.) wollen die HEW außerdem bundesweit in die Offensive gehen, indem sie über den Handelsriesen Rewe (u.a. Toom, Minimal, HL, Penny) Strom an Privatkunden verkaufen. HEW-Sprecher Johannes Altmeppen erklärte dazu auf Nachfrage von DPA (3.7.), daß es derartige Überlegungen bereits seit Ende vergangenen Jahres gebe. Sie müßten aber erst noch von Vorstand und Aufsichtsrat der HEW genehmigt werden.