August 1999

990802

ENERGIE-CHRONIK


Auch EnBW und Bayernwerk werben jetzt bundesweit um Haushaltskunden

Nach der RWE Energie (990702) sind im August auch die Energie Baden-Württemberg und das Bayernwerk in den bundesweiten Wettbewerb um Haushaltskunden mit eingestiegen. Die Berliner Ares, die im Juni den Vorreiter gemacht hatte (990602), legte ein modifiziertes Angebot vor. Als weiterer Konkurrent um Haushaltskunden erschien die Hansestrom am Markt, die sich vorerst aber auf Hamburg und Lübeck beschränkt. Um die Abwerbung von Tarifkunden zu verhindern, senkten viele Stromversorger ihre Haushaltstarife oder stellten baldige Strompreissenkungen in Aussicht. PreussenElektra-Chef Hans-Dieter Harig kündigte in einem Interview mit der Welt (30.8.) an, daß sein Konzern im September ebenfalls ein bundesweites Angebot für Haushaltskunden vorlegen werde.

EnBW legt sich die Marke "Yello Strom" zu

Die EnBW hat für das Haushaltskundengeschäft die Yello Strom GmbH gegründet. Diese Vertriebstochter mit Sitz in Köln offeriert bundesweit Strom für 19 Pfennig pro Kilowattstunde bei einem monatlichen Grundpreis von 19 Mark. Das Angebot gilt ab 1. November und zielt hauptsächlich auf Haushalte mit durchschnittlichem bis großem Verbrauch. Die Yello-Kunden müssen allerdings eine Vertragslaufzeit von einem Jahr in Kauf nehmen, die sich um jeweils ein halbes Jahr verlängert, wenn sie nicht mindestens einen Monat vor Ablauf kündigen. Ähnlich wie RWE Energie vermarktet auch Yello Strom ihr Angebot hauptsächlich über ein Call-Center. Außerdem kooperiert sie mit dem Otto-Versand (FAZ, 10.8.; SZ, 10.8.).

Bayernwerk lockt mit "Power"-Preisen

Das Bayernwerk bietet ab 1. September bundesweit zwei Strompreise an. Bei "Power private" für Haushalte mit mäßigem Verbrauch zahlt der Kunde 28,5 Pf/kWh bei einem Grundpreis von 4,95 DM monatlich. Bei "Power family" für Haushalte mit erhöhtem Strombedarf beträgt der Verbrauchspreis 23,0 Pf/kWh und der Grundpreis 17,95 DM. Der Kunde muß sich mindestens drei Monate binden. Danach kann er den Liefervertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende kündigen.

Ares revidiert Angebot

Die Ares AG, die über die Pro-Markt-Kette um Kunden wirbt, verlangt nunmehr 28 Pf/kWh anstelle von 29,5 Pf/kWh. Hinzu kommt eine "Zählergebühr" von 5 DM monatlich (bisher wurde in den Ares-Verträgen diese Zählergebühr zwar erwähnt, aber nicht beziffert). Die anfangs geforderte "Bereitstellungspauschale" bei Unterschreitung eines Mindestumsatzes von 799 DM jährlich entfällt. Außerdem gewährt Ares den Kunden jetzt auch Rabatte, wenn sie im voraus eine bestimmte Abnahmemenge oder längere Vertragslaufzeiten vereinbaren (SZ, 3.8.; FAZ, 3.8.).

In Hamburg trat als weiterer Mitbewerber um Haushaltskunden (990703) die deutsch-finnische HH-EL Hansestrom GmbH auf den Plan. Sie verlangt 24,9 Pf/kWh zuzüglich einer monatlichen Grundgebühr von 7,70 DM und einer einmaligen Zählergebühr. Hansestrom beschränkt sich vorerst auf die Städte Hamburg und Lübeck, will aber mittelfristig in ganz Norddeutschland und auch bundesweit Strom aus Finnland anbieten. Die Gesellschaft gehört jeweils zur Hälfte dem führenden finnischen Energiekonzern Fortum und einer Hamburger Investorengruppe (DPA, 11.8.).

Aufwendige Werbekampagnen: "Gelber" Yello-Strom gegen "blauen" RWE-Strom

Das werbliche Konzept für Yello Strom wurde von der Agentur Kreutz & Partner entwickelt. Anfang August schaltete sie zunächst nur den Spruch "Also ich glaube, Strom ist gelb - Yello Strom". Dieser "Teaser" spielte deutlich auf die "Privatstrom"-Reklame der RWE Energie an, die von der Frankfurter Werbeagentur Damm mit Blau als dominierender Farbe entworfen wurde. Für Außenstehende war aber vorerst nicht zu erkennen, wer und was sich hinter Yello Strom verbirgt. RWE konterte mit dem Spruch "Also ich weiß, Strom ist blau". Der noch immer unbekannte Herausforderer reagierte mit dem Spruch "Ich kauf doch keinen Strom von einem, der blau ist".

PreussenElektra verulkte die "Yello"-Werbekampagne mit der Internet-Adresse www.yellow strom.de, die sich von derjenigen des Konkurrenten lediglich durch die korrekte Schreibweise des englischen Wortes "yellow" unterschied. Wer bei der Eingabe der Internet-Adresse versehentlich das "w" bei "yello" hinzufügte, landete so bei PreussenElektra und erhielt dort den Rat: "Yellow - Machen Sie keinen Fehler!"

Kritik an "Kampfpreisen"

Der nordrhein-westfälische Innenminister Peer Steinbrück (SPD) warf der EnBW vor, sie wolle den Markt mit Kampfpreisen erobern, "die verdächtig sind, unter Herstellungskosten kalkuliert zu sein". Der Geschäftsführer der Hansestrom, Andreas Grigoleit, verwies auf die Situation in Hamburg, wo allein für Durchleitung, Konzessionsabgabe und Stromsteuer 20,03 Pfennig fällig würden. Wer unter diesen Umständen Strom für 19 Pf/kWh anbiete, verkaufe unter dem Einstandspreis.

Die Kölner GEW sah die vom neuen Energierecht vorgeschriebene Reziprozität verletzt, da der Yello-Strom zum großen Teil aus Frankreich stamme, wo die Öffnung des Marktes für Privatkunden frühesten 2009 vorgesehen sei. In jedem Falle will die GEW die Durchleitung von einer Leistungsmessung gemäß der geltenden Regelung abhängig machen, solange diese nicht durch pauschalierte Lastprofile ersetzt wird (Stuttg. Zeitung, 16.8.; FAZ, 12.8.; DPA, 11.8.).

"Etliche Angebote sind mit heißer Nadel genäht"

Nach Ansicht des Bayernwerk-Vorstandsvorsitzenden Otto Majewski sind etliche Niedrigpreis-Angebote "mit heißer Nadel genäht". Bei der Vorstellung der neuen Haushaltskunden-Angebote seines Unternehmens sagte Majewski am 17.8. wörtlich: "In jedem Strompreis gibt es einige Bestandteile, auf die Sie als Unternehmen überhaupt keinen Einfluß haben: Das sind rund 8 Pfennige gesetzliche Abgaben (Konzessionsabgabe, Energiesteuer, Mehrwertsteuer) sowie grob 14 Pfennige pro Kilowattstunde Durchleitungsentgelte. Wenn Sie dann für 24 Pfennige pro Kilowattstunde Tarifkundenstrompreise anbieten, haben Sie gerade mal eine Marge von zwei oder drei Pfennigen für die gesamten Kosten der Stromerzeugung sowie Abrechnung, customer care und Werbung."