September 2000

000901

ENERGIE-CHRONIK


Starker Anstieg der Öl- und Gaspreise setzt Regierungen unter Druck

Ein starker Anstieg der Ölpreise, wie er seit der Kuweit-Krise 1990/91 nicht mehr verzeichnet wurde, hat europaweit zu Protesten geführt und die Regierungen unter Druck gesetzt. Infolge der Schwäche des Euro ergibt sich in den EU-Staaten eine zusätzliche Verteuerung gegenüber den Ölpreisnotierungen in Dollar. Für aktuellen Unmut sorgen vor allem die Tankstellen-Preise für Benzin und Diesel, die zum größten Teil aus steuerlichen Belastungen bestehen. Darüber hinaus müssen sich Millionen von Hauseigentümern und Mietern auf wesentlich höhere Heizöl-Rechnungen gefaßt machen. In Frankreich führten Lkw-Unternehmer Anfang September mit organisierten Blockaden Benzinmangel an Tankstellen und ein allgemeines Chaos im Straßenverkehr herbei. Auch in Großbritannien kam es zu Streiks, Blockaden und Panikkäufen, welche die Spritversorgung gefährdeten. In Deutschland, wo der Liter Normalbenzin erstmals über zwei Mark kostete, hielten sich die Protestaktionen vergleichsweise in Grenzen. Die Oppositionsparteien CDU und FDP griffen jedoch das Thema auf, indem sie von der Bundesregierung die Rücknahme der "Ökosteuer" forderten, welche die Steuer auf Kraftstoffe bis 2003 sukzessive auf 24 Pfennig pro Liter erhöht (siehe 990201 u. 990820). Die rot-grüne Koalition wies diese Forderung zurück. Sie will indessen Pendlern einen Ausgleich für die Verteuerung des Tankens gewähren, indem sie die Kilometerpauschale für die Autofahrt zum Arbeitsplatz von 70 auf 80 Pfennig erhöht. Zugleich wird diese Kilometerpauschale in eine allgemeine Entfernungspauschale umgewandelt, die auch die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel in Anspruch nehmen können. Ferner sollen wegen der Preissteigerung beim Heizöl Haushalte einen einmaligen Zuschuß beantragen können (Handelsblatt, 13.9. u. 14.9.; FAZ, 23.9.).

Die Rohölpreise hatten 1998 den bislang tiefsten Stand seit zwölf Jahren erreicht. Sie lagen faktisch sogar unter dem Niveau von 1973, bevor das arabische Embargo die erste Öl-Krise herbeiführte (980610). Im Laufe des Jahres 1999 wirkten sich dann aber die von den Opec-Staaten beschlossenen Förderbeschränkungen immer deutlicher aus: Der Ölpreis stieg von weniger als zehn Dollar pro Barrel Ende des Jahres 1998 auf zuletzt etwa 34 Dollar pro Barrel. Der im September erreichte Höchststand ist allerdings selbst für die Opec-Staaten nicht auf Dauer erstrebenswert, da es bei einem Preis von mehr als 30 Dollar pro Barrel für die Verbraucherländer erneut interessant würde, nach Alternativen zum Opec-Öl Ausschau zu halten. Es wird deshalb damit gerechnet, dass die Ölpreise wieder fallen und sich bei der von den Opec-Ländern anvisierten Marke von etwa 25 Dollar pro Barrel einpendeln (Spiegel, 25.9.).