Februar 2002 |
020201 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die E.ON AG beantragte am 19. Februar beim Bundeswirtschaftsministerium eine Ministererlaubnis für den beabsichtigten Zusammenschluß mit der Ruhrgas AG, nachdem das Bundeskartellamt die Fusion untersagt hat (siehe 020103). Der Antrag bezieht sich auf die Ruhrgas-Anteile der Gelsenberg AG in Höhe von 25,5 Prozent ( 011208). Zugleich kündigte E.ON an, auch für den Erwerb der mit 34,8 Prozent an Ruhrgas beteiligten Bergemann GmbH (011110) einen Antrag auf Ministererlaubnis zu stellen.
Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte den Eingang des Antrags. Der Minister werde nunmehr unverzüglich die gesetzlich vorgesehene Stellungnahme der Monopolkommission einholen. Nach deren Vorliegen sei für Mitte Mai 2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Wirtschaftsministerium vorgesehen, bei der die Antragsteller, Konkurrenten, Verbände und Gewerkschaften gehört werden. Im Juni 2002 sei dann mit der Ministerentscheidung zu rechnen.
Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) hat bereits zu erkennen gegeben, daß er die Erteilung einer Ministererlaubnis für möglich hält. Indessen gibt es starke Widerstände seitens der Konkurrenten von E.ON wie auch auf politischer Ebene. Die Stromkonzerne RWE, Vattenfall Europe und EnBW sollen sich darauf verständigt haben, gemeinsam gegen die Ministererlaubnis Front zu machen. Der RWE-Vorstandsvorsitzende Dietmar Kuhnt hat in dieser Angelegenheit sogar Fühlung zu Bundeskanzler Gerhard Schröder aufgenommen. Auch aus seinem eigenen Hause wurde Müller vor einer Genehmigung der Fusion gewarnt, da sie fatale Folgen für den deutschen Energiemarkt hätte. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti sprach sich ebenfalls gegen die Erteilung einer Ministererlaubnis aus (Handelsblatt, 11.2. u. 25.2.).
"Ich bin schon seit langem entschlossen, mich für den Fall des Antrags völlig aus dem Verfahren rauszuhalten", erklärte Müller gegenüber dem Magazin "Focus" (9/02). "Deshalb habe ich vergangene Woche Staatssekretär Tacke beauftragt, über den Antrag zu entscheiden." Er sei zwar nicht befangen, wolle aber damit die unerfreulichen Diskussionen über diesen Punkt beenden. Außerdem wolle er in der Entscheidung über seine künftige Tätigkeit in jeder Beziehung frei sein, ob er nun eine zweite Minister-Amtszeit antrete oder in die Wirtschaft zurückkehre. Seine seit 1982 bestehenden Pensionsansprüche beim E.ON-Konzern spielten in der ganzen Angelegenheit keine Rolle. Das Gerücht, er wolle RWE-Chef werden, kommentierte Müller mit den Worten: "Wenn so etwas in der Zeitung steht, ist es meistens eh schon tot. Die Gerüchte zählen nichts."
Die "Süddeutsche Zeitung" (26.2.) verwies darauf, daß Staatssekretär Tacke, an den Müller die Entscheidung delegieren will, der Weisungsbefugnis des Ministers untersteht. Außerdem habe sich Tacke schon früher in Kartellfragen für E.ON stark gemacht. So habe er die gesamte Führungsspitze des Bundeskartellamts nach Berlin einbestellt, als die Behörde die Genehmigung der Fusion von Veba und Viag zu E.ON von hohen Auflagen abhängig machte. "Der Fall stinkt", kommentierte das Blatt. "Will die Regierung das Kartellrecht nicht beschädigen, muß sie das Verfahren bis nach der Bundestagswahl vertagen. Jede andere Entscheidung wäre skandalös."