September 2005

050902

ENERGIE-CHRONIK


Gazprom baut mit BASF und E.ON neue Gas-Pipeline durch die Ostsee

Die deutschen Konzerne BASF und E.ON unterzeichneten am 8. September in Berlin eine Grundsatzvereinbarung mit dem russischen Staatskonzern Gazprom zum Bau der "Nordeuropäischen Gasleitung" (NEGP) durch die Ostsee. Die Unterzeichnung erfolgte in Anwesenheit des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder und des russischen Präsidenten Putin. Beide Politiker unterstrichen die Bedeutung des Vorhabens für den Ausbau der deutsch-russischen Beziehungen im Energiesektor.

Die Vereinbarung sieht die Gründung einer "North European Gas Pipeline Company“ als deutsch-russisches Gemeinschaftsunternehmen vor, an dem Gazprom mit 51 Prozent und BASF und E.ON mit jeweils 24,5 Prozent beteiligt sind. Die Pipeline soll über mehr als 1200 Kilometer Länge von von St. Petersburg über die russische Hafenstadt Vyborg zur deutschen Ostseeküste führen (siehe Karte 1). Vorläufig ist Greifswald als Anlandepunkt vorgesehen. Die Streckenführung durch die Ostsee steht aber noch nicht eindeutig fest, sondern wird "nach technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimiert".

Die Pipeline soll ab dem Jahr 2010 mit zunächst einem Leitungsstrang den Transport von rund 27,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr ermöglichen. Später soll ein zweiter Leitungsstrang die Transportkapazität auf rund 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr verdoppeln. Nach Angaben von E.ON belaufen sich die Gesamtkosten des Projekts bei zwei Leitungssträngen auf über vier Milliarden Euro.

Gazprom spielte die zögernden deutschen Partner gegeneinander aus

An der Pipeline durch die internationalen Hoheitsgewässer der Ostsee zeigte sich vor allem Gazprom interessiert, um für Gaslieferungen nach Deutschland nicht mehr auf die Transitstrecken durch Weißrußland/Polen und Ukraine/Slowakei/Tschechien angewiesen zu sein (siehe Karte 2). Die deutschen Partner verhielten sich dagegen eher zögerlich (031009), worauf der russische Staatskonzern sie gegeneinander ausspielte, indem er zunächst nur die BASF als Partner ins Boot holte (050404). Mit der jetzt unterzeichneten Vereinbarung setzen BASF und E.ON ihre jeweils bilateral mit Gazprom abgeschlossenen "Memoranda of Understanding" weiter um. In den nächsten Monaten sollen detaillierte Verträge zur Umsetzung des NEGP-Projektes folgen. Gazprom will noch in diesem Herbst mit dem Bau des Landabschnittes der Gasleitung beginnen.

Rußland will mehr Handlungsspielraum gegenüber den Transitländern gewinnen

An sich reichen die Kapazitäten der bestehenden Verbindungen durch Weißrußland/Polen und Ukraine/Slowakei/Tschechien aus. Die offizielle russische Begründung, Transitgebühren einsparen zu wollen, erklärt nur teilweise das starke russische Interesse an einer Direktleitung. Offenbar geht es Rußland in erster Linie darum, seinen Handlungsspielraum gegenüber den Transitländern zu erweitern, die zugleich Bezieher von russischem Erdgas sind und bei Auseinandersetzungen mit Rußland die durch ihr Territorium führenden Leitungen als Faustpfand einsetzen können (921005).

Entsprechend mißtrauisch wird das Ostsee-Projekt von den Transitstaaten verfolgt. Vor allem in Polen befürchtet man, künftig verstärkt russischen Pressionen ausgesetzt zu sein. Mit Blick auf solche Befürchtungen versicherte Bundeskanzler Schröder anläßlich der Unterzeichnung des Abkommens, die deutsch-russische Zusammenarbeit sei "gegen niemanden gerichtet".

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