Juni 2006 |
060606 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat am 18. Juni eine weitere Erhöhung ihrer Haushaltskundenpreise zum 1. Juli um 4,5 Prozent angekündigt. Zugleich will sie die Gaspreise um 4,2 Prozent erhöhen. Da die Landesregierung seit Dezember 1999 darauf verzichtet, von der noch bis 1. Juli 2007 geltenden Genehmigungspflicht nach der Bundestarifordnung Elektrizität Gebrauch zu machen (991217, 040208), braucht der südwestdeutsche Energiekonzern keine behördliche Überprüfung seines Stromtarifs zu befürchten oder gar einen Preisstopp hinzunehmen, wie ihn der hessische Wirtschaftsminister Rhiel (CDU) in seinem Bereich anordnete (060411).
Schon bisher ist die EnBW neben Vattenfall Hamburg (ehemals HEW) der teuerste Stromversorger in den alten Bundesländern. Im Bereich der früheren Neckarwerke Stuttgart mußten ihre Kunden seit dem Jahr 2000 sogar eine Erhöhung der Tarife um 45 Prozent hinnehmen (siehe Tabelle 2). Infolge des hohen Versorgungsgrads durch die EnBW gehört Baden-Württemberg mit dem Saarland und Hamburg zu den drei teuersten Strompreisgebieten im Bereich der alten Bundesländer (siehe Tabelle 1).
Die EnBW begründete die "Preisanpassung" mit "deutlich gestiegenen Strombezugs- und Beschaffungskosten". Im Gegensatz zu anderen Energieversorgern, die ihre Preise bereits vor Monaten erhöht hätten, ziehe sie erst jetzt nach. Die Verbraucher hätten daher in den letzten Monaten "noch von günstigeren Stromtarifen profitieren" können.
Mangels Preiskontrolle durch die Landesregierung weiß nur die EnBW, welche Faktoren im einzelnen die jetzige Erhöhung der Stromtarife begründen sollen. Im vergangenen Jahr hatte die EnBW einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 1,081 Milliarden Euro erwirtschaftet. Wie Vorstandschef Claassen bei der Hauptversammlung in Karlsruhe Ende April ankündigte, will er auch in diesem Jahr erneut ein Rekordergebnis vorlegen. Wie andere Stromkonzerne hat die EnBW in letzter Zeit viel Geld für Image-Werbung ausgegeben, um der wachsenden Kritik an ihrem Preisgebaren entgegenzuwirken. Insbesondere das Sponsoring der Fußball-Weltmeisterschaft (060213) dürfte auf der Ausgabenseite zu Buche schlagen und nun über höhere Preise von den Kunden bezahlt werden.
Die höchsten Haushalts-Strompreise verlangen die ostdeutschen Versorger E.On edis, Stadtwerke Leipzig, enviaM und Enso, gefolgt von der EnBW und der saarländischen energis. Dies geht aus dem neuesten Vergleich hervor, den der Stromangebots-Vermittler Verivox im Juni vorlegte (siehe Tabelle 2). Gegenüber Januar (060106) hat sich die Reihenfolge der teuersten Stromanbieter nur wenig verändert
In der folgenden Tabelle sind die durchschnittlichen Strompreise aller Bundesländer für 3500 kWh im Allgemeinen Tarif (Grundversorgung) aufgeführt. Zum Vergleich kann die Preisentwicklung seit Anfang 2005 und Anfang 2006 abgelesen werden. Zur Berechnung wurden alle Allgemeinen Stromtarife der Stromanbieter herangezogen und nach der Anzahl der Haushalte in den jeweiligen Versorgungsgebieten gewichtet.
Bundesland | Stand 1.5.2006 | Entwicklung seit 1.1.2006 | Entwicklung seit 1.1.2005 |
Baden-Württemberg | 721,30 | + 0,29% | + 1,33% |
Bayern | 664,61 | + 0,05% | + 5,68% |
Berlin | 718,28 | + 4,15% | + 4,15% |
Brandenburg | 739,92 | keine Veränderung | + 8,46% |
Bremen | 695,22 | keine Veränderung | keine Veränderung |
Hamburg | 725,55 | + 5,10% | + 5,10% |
Hessen | 656,38 | keine Veränderung | + 0,79% |
Mecklenburg-Vorpommern | 711,19 | keine Veränderung | + 5,72% |
Niedersachsen | 647,91 | + 0,23% | + 6,72% |
Nordrhein-Westfalen | 671,38 | + 0,22% | + 4,14% |
Rheinland-Pfalz | 685,09 | keine Veränderung | + 2,58% |
Saarland | 731,75 | keine Veränderung | + 3,89% |
Sachsen | 725,12 | + 0,28% | + 4,02% |
Sachsen-Anhalt | 710,99 | + 0,09% | + 6,33% |
Schleswig-Holstein | 699,51 | + 0,46% | + 8,81% |
Thüringen | 736,75 | + 0,03% | + 4,62% |
Quelle: Verivox, Stand 12.5.2006
Die folgenden Tabelle zeigt die Preisentwicklung für Allgemeine Stromtarife zwischen 2000 und 2006. Als Beispiel dient ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3000 Kilowattstunden. Die Kosten sind in Euro pro Jahr angegeben. Für den Vergleich wurden die größten Stromanbieter herangezogen, bei denen die Strompreise von 2000 zu ermitteln waren.
Anbieter | aktuell | Erhöhung seit 2000 | Erhöhung 2006 | Anmerkungen |
E.ON edis | 654,70 | 25,57% | 8,13% | ehemals OSE (990419) |
E.ON edis | 654,70 | 23,89% | 8,13% | ehemals Mevag (990419) |
E.ON edis | 654,70 | 17,18% | 8,13% | ehemals EMO (990419) |
Stadtwerke Leipzig GmbH | 642,79 | 28,63% | 5,08% | (030713) |
enviaM | 641,09 | 19,30% | 3,89% | ehemals envia (020604) |
enviaM | 641,09 | 22,84% | 3,89% | ehemals Meag (020604) |
Enso | 638,37 | 22,12% | 4,26% | ehem. Energieversorgung Sachsen Ost (040405) |
Vattenfall Europe Hamburg | 633,90 | 20,78% | 5,52% | ehemals HEW (051113) |
EnBW | 632,22 | 20,39% | keine | |
EnBW | 632,22 | 44,93% | keine | ehemals Neckarwerke Stuttgart (030807) |
energis | 630,90 | 22,28% | 3,85% | |
Vattenfall Europe Berlin | 627,96 | 25,97% | 4,80% | ehemals Bewag (051113) |
E.ON Avacon | 624,23 | 22,25% | 7,57% | Sachsen-Anhalt |
Wemag | 620,50 | 11,48% | keine | Preiserhöhung bislang nicht genehmigt |
EWR | 620,40 | 24,09% | 2,27% | ehem. Elektrizitätswerk Rheinhessen AG / Stadtwerke Worms (020610) |
Stadtwerke Duisburg | 612,19 | 29,84% | 3,50% | |
Drewag | 610,63 | 29,59% | 3,61% | |
Stadtwerke München | 609,32 | 17,85% | 3,44% | |
RWE Westfalen-Weser-Ems | 605,88 | 35,33% | 3,86% | |
swb Bremen | 604,68 | 26,84% | keine | |
Pfalzwerke | 602,10 | 35,28% | 2,35% | |
Mainova | 590,94 | 20,77% | keine | Preiserhöhung abgelehnt |
Dortmunder EW | 590,34 | 25,01% | 2,98% | |
RheinEnergie | 585,63 | 23,18% | 5,00% | ehem. GEW Köln u.a. (021012, 050308) |
entega | 581,28 | 25,48% | keine | Preiserhöhung abgelehnt |
Stadtwerke Düsseldorf | 580,88 | 31,42% | keine | |
E.ON Avacon | 580,80 | 23,20% | 6,12% | Niedersachsen |
E.ON Bayern | 580,55 | 13,38% | 2,49% | ehemals Isar- Amperwerke (010208) |
E.ON Bayern | 580,55 | 10,63% | 2,49% | ehemals Obag (010208) |
E.ON Bayern | 580,55 | 25,69% | 2,49% | ehemals Überlandwerke Unterfranken (010208) |
N-Ergie | 573,47 | 13,88% | 4,42% | |
Stadtwerke Hannover | 563,90 | 16,52% | keine | |
Stadtwerke Rostock | 555,58 | 0,23% | keine | Preiserhöhung bislang nicht genehmigt |
EWE | 539,30 | 18,87% | keine |
Quelle: Verivox, Stand 25.6.2006