Mai 2007 |
070501 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Vattenfall-Konzern will seinen bisherigen Tarifkunden in Berlin und Hamburg zum 1. Juli 2007 kräftige Preiserhöhungen abverlangen. Er macht sich dabei den Umstand zunutze, daß gemäß Artikel 5, Abs. 2 des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts ab diesem Tag die Bundestarifordnung Elektrizität außer Kraft tritt. Damit sind keine Tarife mehr vorgeschrieben, die von den Wirtschaftsministerien der Länder geprüft und genehmigt werden. Es gab zwar politische Vorstöße zur Verlängerung der Tarifaufsicht (061002), doch wurden sie zugunsten der Verschärfung des Kartellrechts (070401) nicht weiter verfolgt. Ob diese ausreichen wird, überhöhte Preisforderungen zu unterbinden, muß sich noch zeigen. Ebenso bleibt abzuwarten, ob und wieweit die Konkurrenz billigerer Anbieter die Strompreisforderungen der marktbeherrschenden Versorger zu bremsen vermag.
Vattenfall Europe will die Strompreise in Berlin um durchschnittlich 6,5 Prozent und in Hamburg sogar um 7,2 Prozent erhöhen. Zum Beispiel erhöht sich für einen Kunden, der bisher Berlin Klassik bezog (Verbrauchspreis 18,30 Cent/kWh bei einem monatlichen Grundpreis von 4,91 Euro) und nun stattdessen "Berlin KlassikPrivatstrom" erhält (Arbeitspreis 19,05 Cent/kWh bei einem monatlichen Grundpreis von 5,90 Euro), die Stromrechnung um rund 2,43 Euro pro Monat. Als Begründung nannte das Unternehmen gestiegene Beschaffungskosten, höhere Ausgaben für die Förderung erneuerbarer Energien und die Preissteigerungen an der Strombörse. Man gebe sogar nur einen Teil der gesamten Kostensteigerungen an die Kunden weiter.
Die letzte Preiserhöhung hatte Vattenfall zum 1. Mai 2006 vorgenommen. Damals wurde der Strom für die Verbraucher in Berlin und Hamburg um rund sechs Prozent teurer (060206, 060411). Allerdings verband die Tarifaufsicht in beiden Fällen die Genehmigung mit der Auflage, eine künftige Senkung der geltend gemachten Netzkosten an die Kunden weiterzugeben. Nachdem die Bundesnetzagentur die von Vattenfall beantragten Netzentgelte um 15 Prozent gekürzt hatte, mußten deshalb die Strompreiserhöhungen in Berlin und Hamburg wieder zurückgenommen werden (060906). Vattenfall blieb aber ungünstiger als Nuon in Berlin und die neue E.ON-Stromvertriebstochter "e wie einfach", die bundesweit die örtlichen Grundversorger unterbietet (070201). Laut "Berliner Morgenpost" (8.5.) hat Vattenfall Europe im vergangenen Jahr rund 60.000 seiner drei Millionen Kunden verloren. Allein in Berlin seien gut 36.000 der 1,8 Millionen Stromabnehmer zu anderen Anbietern gewechselt.
In Weimar, Apolda, Stadtroda und Nordhausen bleiben die Stromtarife bis zum Auslaufen der Bundestarifordnung Elektrizität am 30. Juni 2007 unverändert. Wie das Thüringer Wirtschaftsministerium am 9. Mai mitteilte, hatten die vier kommunalen Versorger Tarifpreiserhöhungen zwischen 9 und 14 Prozent beantragt. Das Ministerium habe die Anträge jedoch abgelehnt, weil die vier Stadtwerke die geltend gemachten Kosten nicht nachweisen konnten. Zudem hätten die beantragten Erhöhungen deutlich über dem Tarif des Regionalversorgers E.ON Thüringer Energie AG gelegen. Lediglich den Stadtwerken Gera sei eine zweiprozentige Erhöhung genehmigt worden.
Die Bundesnetzagentur hatte bei den genannten Stromversorgern eine Senkung der
Netznutzungsentgelte zwischen 5 und 13 Prozent angeordnet. Diese Senkung müßte
nach dem letztjährigen Genehmigungsbescheid des Wirtschaftsministeriums unmittelbar
an die Stromkunden weitergegeben werden. Allerdings haben die Stadtwerke Weimar, Apolda
und Stadtroda dagegen eine Klage eingereicht, die aufschiebende Wirkung auf die Umsetzung
dieser Senkungsanordnung hat. Darüber hinaus klagen nach wie vor zwölf Stadtwerke
gegen das Wirtschaftsministerium auf Erteilung von Strompreisgenehmigungen, mit denen
sie Erhöhungen von durchschnittlich 2 Cent/kWh gegenüber dem bisherigen
Niveau durchsetzen wollen.