November 2008

081105

ENERGIE-CHRONIK


"e wie einfach" entschärft das Vertriebskonzept

Die E.ON-Vertriebstochter "e wie einfach" hat ihr Vertriebskonzept grundlegend umgestaltet. Seit Mitte November bietet sie für den Strom- und Gasbezug jeweils drei Tarife an, die für beide Sparten denselben Namen tragen und ähnlich strukturiert sind. Sie heißen "EinPreisTarif", "MeinKlimaTarif" und "MeinCentTarif". Alle Tarife bestehen aus reinen Arbeitspreisen, die aber nicht einheitlich sind, sondern von Wohnort und Verbrauchsmenge des Kunden abhängen.

Alle drei Angebote können im bundesweiten Vergleich nicht als sonderlich preisgünstig gelten. Der Druck, den E.ON sei Anfang 2007 mit "e wie einfach" auf die Branche ausübte (070201), ist damit praktisch zum Erliegen gekommen. Schon Anfang Oktober hatte "e wie einfach" das bisherige Billig-Angebot für Gas vom Markt genommen.

"MeinCentTarif" verlangt jetzt Vorauskasse und unterbietet die Grundversorger nur noch formal

Nun gibt es auch das bisherige Billig-Angebot für Strom nicht mehr, das den Preis des jeweiligen Grundversorgers um 2 Cent pro Kilowattstunde unterbot. Der neue "MeinCentTarif" knüpft nur noch formal an seinen Vorgänger an, indem er ebenfalls verspricht, den jeweiligen Grundversorger um 2 Cent/kWh bei Strom bzw. 0,24 Cent/kWh bei Gas (= 2 Cent pro Kubikmeter) zu unterbieten. Zugleich muß der Kunde aber Vorauskasse für ein ganzes Jahr leisten und ist für diesen Zeitraum an den Vertrag gebunden. Faktisch gewährt er damit dem Lieferanten einen Kredit und erleidet einen Zinsverlust, der den Preisvorteil wieder zunichte macht. Der Wechsel zum neuen "MeinCentTarif" lohnt erst recht nicht beim Vergleich mit günstigeren Tarifen, die fast alle Grundversorger neben dem gesetzlichen Tarif anbieten.

"EinPreisTarif" orientiert sich an Netznutzungsentgelten

Der "EinPreisTarif" nennt dagegen feste Preise, die zwar nach Wohnort und Verbrauchsmenge schwanken, sich aber nicht auf die jeweiligen Tarife der Grundversorger beziehen. Maßgeblich sind hier eher die anfallenden Netznutzungsentgelte. Bei einem Jahresverbrauch von 2500 kWh Strom beträgt der Arbeitspreis beispielsweise 23,00 Cent/kWh in Bremen und 25,08 Cent/kWh in Essen. Bei einem doppelt so hohen Verbrauch sind es in Bremen 21,23 Cent/kWh und in Essen 23,16 Cent/kWh. Die Vertragsdauer beträgt ein halbes Jahr. Die Strom- und Gasrechnung ist in monatlichen Abschlagszahlungen auf den voraussichtlichen Verbrauch zu bezahlen.

"MeinKlimaTarif" mit längerer Laufzeit und grünem Schleifchen

Der "MeinKlimaTarif" ist wie der "EinPreisTarif" strukturiert, aber etwas teurer. Dafür erhält der Kunde eine einjährige Preisgarantie und das Gefühl, etwas für die Umwelt zu tun. "E wie einfach" verspricht nämlich, eine dem CO2-Anteil des Strom- oder Gasverbrauchs entsprechende Menge an Emissionsgutschriften zu kaufen. Es handelt sich dabei um sogenannte VER-Zertifikate (Verified Emission Reductions) für ausländische Beiträge zur Emissionsminderung. Die VER-Zertifikate sind nach dem Muster der Gutschriften für Klimaschutzprojekte im EU-Ausland konstruiert, die seit drei Jahren auch in Deutschland gesetzlich anerkannt sind (050702). Im Unterschied zu den CER (Certified Emission Reductions) und ERU (Emission Reduction Units), die CO2-Minderungen im EU-Ausland bescheinigen und neben den EU-Emissionsgutschriften (EUA) im Emissionshandel verwendet werden können, sind VER aber keine amtlich anerkannten Zertifikate. Es handelt sich um eine rein freiwillige Veranstaltung. VER-Zertifikate sind entsprechend billig. Der Handel mit ihnen lebt eigentlich nur von der Nachfrage für PR-Zwecke und Öko-Marketing.

Das ursprüngliche Vertriebskonzept war durchaus erfolgreich

Das bisherige Vertriebskonzept von "e wie einfach" hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Mit dem leichten Unterbieten der Grundversorger ging E.ON kein finanzielles Risiko ein und profitierte zudem von den geringeren Kosten des Internet-Vertriebs. Wenn jetzt kolportiert wurde, "e wie einfach" stecke noch immer in roten Zahlen, dürfte dies eine zweckdienliche Darstellung sein, um die Verteuerung des Angebots zu begründen. Falls die Gewinnzone tatsächlich noch nicht erreicht sein sollte, kann dies eigentlich nur an den hohen Kosten der Werbekampagnen liegen. Auch kennt man die Konditionen nicht, zu denen "e wie einfach" Strom und Gas von den Konzernschwestern übernimmt. Generell ist die "e wie einfach Strom & Gas GmbH" als hundertprozentige Tochter und voll konsolidiertes Unternehmen der E.ON AG nach § 264 Abs. 3 HGB von der Offenlegung ihres Geschäftsergebnisses befreit. Ihr Erfolg läßt sich somit - ebenso wie der der E.ON Energie AG – nur an der Konzernbilanz ablesen, die aufgrund des am 12. November veröffentlichten Zwischenberichts für das Jahr 2008 eine weitere Steigerung des Konzernüberschusses um fünf bis zehn Prozent ausweisen wird...

Vertriebsvorstand der E.ON Energie verläßt das Unternehmen

Der Grund für die Zurücknahme des erfolgreichen Vertriebskonzepts dürfte darin zu suchen sein, daß E.ON mit dem Dumping-Konzept die eigenen Regionalversorger "kannibalisiert" hat, die kommunalen Verteiler gegen sich aufbrachte und insgesamt mehr Marktmacht als Wettbewerb demonstriert hat. Vor diesem Hintergrund ist auch die Nachricht zu sehen, daß der Vertriebsvorstand der E.ON Energie, Karl-Michael Fuhr (50), zum Jahresende aus dem Unternehmen ausscheiden wird. Fuhr hatte den alten "MeinCentTarif" verantwortet und am 1. Februar 2007 persönlich vorgestellt.

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