Dezember 2008

081202

ENERGIE-CHRONIK


Energiekonzerne konnten ihre Gewinne in fünf Jahren verdreifachen

Die vier großen deutschen Energieunternehmen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall haben in den vergangenen fünf Jahren ihre Gewinne verdreifacht, wobei der Profit im Kerngeschäft mit Strom noch deutlich höher gewesen sein dürfte. Zu diesem Schluß gelangt eine Kurzstudie, die der Energieexperte Uwe Leprich von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Saarbrücken im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen angefertigt hat. Die Studie datiert vom 28. November und wurde nach Weihnachten erstmals veröffentlicht (siehe Wortlaut).

Die Studie nimmt das EBIT (Earnings before Interest and Tax) als aussagekräftigste Gewinnkennzahl, um die Entwicklung der Konzerngewinne nachzuzeichen. Beispielsweise stellt sich so heraus, daß bei RWE seit 2000, bei EnBW und Vattenfall seit 2003 eine Gewinnexplosion zu verzeichnen ist. Nur bei E.ON wird der steile Anstieg der Gewinnkurve seit 2003 im Jahr 2006 kurz unterbrochen (siehe Grafik 1 und Tabelle 1).

Für E.ON und RWE wird die Entwicklung bis zum Jahr 2000 zurückverfolgt (dem ersten Jahr nach der jeweiligen Großfusion), für Vattenfall Europe seit den Gründungsfusionen im Jahr 2002 und für die EnBW seit 1999, dem Jahr nach Beginn der Liberalisierung. Neben dem EBIT wird bei allen Unternehmen nachrichtlich das Beteiligungsergebnis ausgewiesen, um zu verdeutlichen, inwieweit die Gewinne aus den Aktivitäten der Konzernholding resultieren. Alle Daten wurden den jeweiligen jährlichen Geschäftsberichten der Unternehmen entnommen und mit den Daten von ausgewählten Finanzportalen im Internet abgeglichen.

Aktienkurse stiegen um fast das Vierfache


Das erdrückende Übergewicht von E.ON und RWE zeigt sich bei der Marktkapitalisierung: Von insgesamt rund 170 Milliarden Euro entfallen 86 Prozent auf das Duopol.

Wie aus der Studie hervorgeht, haben sich bei allen vier Konzernen die Aktienkurse ähnlich wie die Gewinne vervielfacht: Im Betrachtungszeitraum von 2002 bis Oktober 2008 erreichte die Aktie von RWE 388 Prozent des Ausgangswerts, dicht gefolgt von E.ON mit 378 Prozent. Die Aktie von Vattenfall notierte bei 256 Prozent des Ausgangswerts. Bei der EnBW lag der aktuelle Aktienkurs "nur" bei 168 Prozent gegenüber 2002, aber im Vergleich mit dem Tiefstand des Jahres 2003 (030706) waren es auch hier 227 Prozent (siehe Grafik 2).

Kräftig gestiegen sind auch die Gewinne für die Aktionäre. Die höchste Dividendenausschüttung betrug bei E.ON 4,6 Milliarden Euro, bei RWE 1,4 Milliarden Euro, bei EnBW 215 Millionen Euro) und bei Vattenfall 88 Millionen Euro (siehe Tabelle 2).

Bei der Marktkapitalisierung entfallen auf das Duopol 86 Prozent

Insgesamt beläuft sich der Börsenwert der vier Konzerne auf rund 170 Milliarden Euro. Die Marktkapitalisierung verteilt sich dabei aber sehr ungleich. Zum einen entfallen auf das Duopol aus E.ON und RWE nicht weniger als 86 Prozent, während sich EnBW und Vattenfall in die restlichen 14 Prozent teilen müssen. Zum anderen wird deutlich, daß auch zwischen E.ON und RWE ein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Marktkapitalisierung besteht (siehe Grafik rechts).

Zum Schluß beleuchtet die Studie noch die Entwicklung von Strompreisen und Netzentgelten sowie die Marktmacht, welche die vier Konzerne bei Kraftwerkskapazitäten, in der Endkundenversorgung, bei den Netzen und durch ihre Beteiligungen an Stadtwerken besitzen.

Konzernberichte sind wenig aussagekräftig, weil § 10 EnWG entschärft wurde

Leprich bescheinigt den offiziell ausgewiesenen Gewinnen der Energiekonzerne nur eine stark eingeschränkte Aussagekraft, da sich daraus nicht erkennen lasse, welche Anteile des Gewinns auf die einzelnen Sparten und die Stufen der Wertschöpfungskette entfallen. Im Entwurf des neuen Energiewirtschaftsgesetzes sei ursprünglich vorgesehen gewesen, in § 10 EnWG eine Pflicht zur detaillierten Ausweisung der Gewinne zu verankern. Und zwar sollten für die hier genannten sechs Tätigkeitsbereiche die Gewinn- und Verlustrechnungen nicht nur intern durchgeführt, sondern im Anhang des Jahresabschlusses veröffentlicht werden. Der Bundesrat habe diese Formulierung jedoch in letzter Minute wieder herausgestrichen. Deshalb würden diese Zahlen nur unternehmensintern erhoben und als Betriebsgeheimnis behandelt. Mit den öffentlich zur Verfügung stehenden Unterlagen sei es nicht möglich, die Gewinnentwicklung der Unternehmen für jede einzelne Stufe der Wertschöpfungskette separat nachzuvollziehen. Es gebe aber hinreichenden Grund für die Vermutung, daß die Stromerzeugung der eigentliche "Goldesel" der vier Energiekonzerne sei und die höchsten Gewinnbeiträge geleistet habe.

Hat E.ON sich an der Börse verspekuliert?

"Weil es keinen echten Wettbewerb gibt, wurden vielfach mögliche Preissenkungen nicht weitergegeben", erklärte die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktionen der Grünen, Bärbel Höhn, zur Gewinnexplosion der vier Konzerne. In diesem Zusammenhang äußerte sie den Verdacht, daß E.ON an der Börse spekuliert habe und die infolge der Finanzkrise eingebüßten Milliarden nun im neuen Jahr über die Strompreise auf die Verbraucher abwälzen wolle. Sie bezog sich dabei auf den jüngsten Zwischenbericht des Konzerns für die drei ersten Quartale 2008, der neben einer weiteren Steigerung des Konzernüberschusses eine Steigerung der "sonstigen betrieblichen Aufwendungen" um 77 Prozent auf 11,4 Milliarden Euro ausweist. Im Zwischenbericht wird diese starke Zunahme "im wesentlichen" mit höheren Aufwendungen aus Währungskursdifferenzen (3,8 Mrd. Euro) und aus derivativen Finanzinstrumenten (3,6 Mrd. Euro) begründet. "Das verlorene Geld sollte der Konzern besser abschreiben und nicht über ungerechtfertigte Erhöhungen der Strompreise wieder hereinholen", meinte Höhn.


 

Operatives Ergebnis EBIT (grau) und Beteiligungsergebnis (weiß) von E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall jeweils in Mio. Euro


1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007*
E.ON
6610 3208 583 5897 7232 7382 4930 10000

5772 5149 -1022 3018 3522 6745 3710
RWE
129 1752 4800 4701 5574 4746 4902 5300

2912 312 554 300 846 767 790
EnBW 20,45 32,7 204,5 487,1 -165,4 1232,3 1318,5 1470,2 1600
497,49 313,93 213 942 -45 831,7 1215,6 1187,6
Vattenfall


569,2 166,8 594,7 1130,6 1349,7 1500



431 137 1449 1012 1276

*geschätzt

Quelle: Leprich, "Die vier großen deutschen Energieunternehmen unter der Lupe"

 

 

Dividendenausschüttung in Mio. Euro (grau) und Ergebnis je Aktie in Euro (weiß) bei E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall


1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006
E.ON

972 1100 1142 1312 1549 4614 2210


5,75 3,03 4,26 7,11 6,61 11,24 7,67
RWE 688 770 1359 236 838 895 939 1070 1208
2,07 2,24 2,24 1,1 1,87 1,69 1,69 3,97 6,84
EnBW 121,13 117,34 111 112 160,9 145,7 0 162,4 214,7
1,9 1,25 0,72 1,09 1,12 -5,4 1,36 2,16 4,11
Vattenfall


77,8 73,6 88,2 81,9 82,9 75



6,82 1,02 -0,69 1,3 3,53 4,59
Quelle: Leprich, "Die vier großen deutschen Energieunternehmen unter der Lupe"

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