Mai 2011

110507

ENERGIE-CHRONIK


Bundesregierung gewährt Elektroauto-Lobby eine Milliarde Euro

Die Bundesregierung wird den Unternehmen, die vor einem Jahr die "Nationale Plattform Elektromobilität" gegründet haben (100505), eine weitere Subvention in Höhe von einer Milliarde Euro gewähren. Das ist der wichtigste Punkt eines "Regierungsprogramms Elektromobilität", das vom Kabinett am 18. Mai beschlossen wurde. Er taucht auf den 32 Seiten allerdings nur in einem einzigen Satz auf. Weit größeren Raum widmet das Papier sonstigen geplanten Maßnahmen zur Förderung des Elektroautos, die weniger kosten und eher propagandistischen Charakter haben. Dazu gehören etwa Sonderparkplätze für Elektrofahrzeuge, die Freigabe von Busspuren oder die Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer.

Schon 2009 waren im Rahmen des zweiten Konjunkturpakets 500 Millionen zur Förderung des Elektroautos bereitgestellt worden (090310). Der größte Brocken ging dabei mit rund 70 Millionen an Unternehmen des Daimler-Konzerns. "Bis zum Ende der Legislaturperiode werden weitere 1 Milliarde Euro für FuE-Maßnahmen in der Elektromobilität zur Verfügung gestellt", heißt es nun auf Seite 11 des Regierungspapiers. Die Branche wird also von der gegenwärtigen Bundesregierung insgesamt 1,5 Milliarden Euro an direkten Subventionen erhalten, um Forschung und Entwicklung im Bereich der Elektromobilität voranzutreiben.

Faktisch finanziert der Steuerzahler damit aber auch ganz normale FuE-Maßnahmen der Branche, die mit dem einzigen wirklichen Hindernis für die Markteinführung von Elektroautos - der Entwicklung einer leistungsfähigen Batterie oder eines sonstigen mobilen Stromlieferanten - gar nichts zu tun haben. Solange dieses Kernproblem ungelöst bleibt, wird mit der Bewilligung staatlicher Gelder für begleitende Maßnahmen wie die Errichtung eines flächendeckenden Netzes von Ladestationen nur eine Technik subventioniert, die noch immer nicht marktfähig ist.

"Nationale Plattform Elektromobilität" wollte sogar den vierfachen Betrag

Die Elektroauto-Lobby hatte zuvor im "Zweiten Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität", den sie am 16. Mai der Bundeskanzlerin übergab, sogar rund vier Milliarden Euro an Subventionen in der bis 2014 laufenden "Marktvorbereitungsphase" gefordert. Andernfalls werde es nicht möglich sein, bis 2020 rund eine Million Elektroautos zu verkaufen. Ohne staatliche Förderung sei lediglich mit 25.000 Elektrofahrzeugen zu rechnen. Ferner verlangte sie zusätzliche Anreize wie Steuererleichterungen, Kredithilfen oder Sonderrechte für Elektrofahrzeuge. Ohne solche monetären und nicht-monetären Anreize würden nur 450.000 Fahrzeuge verkauft.

Am liebsten hätte die Branche direkte Zuschüsse für den Kauf von Elektroautos verlangt, wie sie mit der "Abwrack-Prämie" bereits für den Neukauf von Autos gewährt wurden und wie sie Frankreich zur Förderung des Absatzes von Elektroautos praktiziert (091007). Die Bundesregierung hatte jedoch frühzeitig signalisiert, daß sie eine solche Verkaufshilfe ablehnt. Im nunmehr vorliegenden "Zweiten Bericht der Nationalen Plattform Elektromobilität" taucht diese Forderung deshalb nicht auf.

WWF distanziert sich von dem Bericht und bezeichnet ihn als "Industriepapier"

Auch so gibt es viel Unmut über die Dreistigkeit, mit der die in der "Nationalen Plattform Elektromobilität" vereinigte Industrie nun nach Subventionen ruft, als ob es nicht zentral um die Lösung des Batterie-Problems ginge und als ob das Ziel von rund einer Million Elektroautos bis 2020 ein Selbstzweck sei. "Man kann nur hoffen, daß dieses Beispiel keine Schule macht", kommentierte etwa die "Frankfurter Allgemeine" (17.5.) die Bewilligung der Milliarden-Subvention durch die Bundesregierung. "Es handelt sich um einen schweren Fall vorsätzlicher Selbstbedienung der Industrie - mit politischer Rückendeckung."

"Wir können diesen Bericht nicht mittragen", erklärte die Umweltorganisation WWF, die zu den nichtindustriellen Mitgliedern der Plattform gehört. "Er ist fast ausschließlich ein Industriepapier, in dem sich die beteiligten Industriezweige ihren Subventionsbedarf selbst errechnet haben." Der WWF habe intern wiederholt Kritik am intransparenten Entstehungsprozeß des Berichtes geäußert und Änderungsvorschläge eingebracht, die aber nicht berücksichtigt worden seien.

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