Dezember 2011

111218

ENERGIE-CHRONIK


 

Der künftige Iter-Komplex (Computer-Simulation im Hintergrund) grenzt direkt an das französische Atomforschungszentrum Cadarache (vorn).
Mit Iter will man beweisen, daß es technisch möglich ist, Energie aus Kernfusion zu gewinnen. Eine riesige Platte, für die hier gerade 17.000 Kubikmeter Beton vergossen werden, soll den "Tokamak" vor seismischen Erschütterungen schützen
Fotos (2): ITER

Brüssel spendiert weitere 1,3 Milliarden Euro für Kernfusions-Forschung

Die EU-Kommission vereinbarte Anfang Dezember mit Parlament und Rat die Bereitstellung von weiteren 1,3 Milliarden Euro für den internationalen Kernfusions-Reaktor "Iter", der derzeit im französischen Cadarache gebaut wird (050609). Damit soll der finanzielle Mehrbedarf für die Jahre 2012 und 2013 gedeckt werden, der sich seit geraumer Zeit abzeichnet (100715). Wie die Kommission am 1. Dezember mitteilte, sind 100 Millionen Euro bereits im Haushalt 2012 vorgesehen. Weitere 840 Millionen sollen aus nicht verwendeten EU-Mitteln im Haushalt 2011 kommen. Die übrigen 360 Millionen sollen aus dem Haushalt 2013 finanziert werden, wobei aber die Art und Weise vorläufig offen bleibt und erst im Rahmen der Budgetverhandlungen für 2013 entschieden wird.

Neben der EU beteiligen sich Japan, Rußland, Korea, China, Indien und die USA an dem Projekt. Die EU trägt nahezu die Hälfte der Baukosten. Da sich der europäische Anteil inzwischen mehr als verdoppelte, haben die Mitgliedsstaaten beschlossen, ihn auf 6,6 Milliarden Euro zu begrenzen und die Mehrkosten in erster Linie aus dem europäischen Forschungshaushalt zu decken (100715). Dies würde jedoch zu Lasten der erneuerbaren Energien und anderer Forschungsprojekte gehen. Mit dem jetzt gefaßten Beschluß wird dies zumindest vorläufig vermieden.

Am 11. Dezember billigte auch der Haushaltsausschuß des Europäischen Parlaments die Finanzierungsvorlage. "Die Finanzierung des ITER-Kernreaktors bleibt eine tickende Zeitbombe im EU-Haushalt der nächsten Jahre", erklärte aus diesem Anlaß die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion, Helga Trüpel. "Der heute verabschiedete Deal hat die Frage, wie die anfallenden Kosten von 360 Millionen Euro im Jahr 2013 finanziert werden sollen, schlichtweg aufgeschoben. Es ist zu befürchten, dass der Rat die Kosten erneut aus dem Forschungsetat der Union decken will."

"Das Projekt ist zu teuer, es birgt atomare Risiken und es wird für die europäischen Energieversorgung bis 2050 ohne Bedeutung bleiben", kritisierte die grüne Fraktionsvorsitzende Rebecca Harms. ""Es ist einfach verrückt, wie sich in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und schmerzlicher Einschnitte in nationale Haushalte scheinbar mühelos Milliarden für den Fusionsforschungsreaktor ITER auftreiben lassen."

Der EU-Kommissar für Finanzplanung und Haushalt, Janusz Lewandowski, zeigte sich dagegen erleichtert und erfreut darüber, daß Parlament und Rat der erneuten Geldspritze zugestimmt haben: "Die EU konnte es sich nicht leisten, ihre Glaubwürdigkeit gegenüber den internationalen Partnern zu verlieren, die an diesem Projekt beteiligt sind."

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