Mai 2012

120515

ENERGIE-CHRONIK


HSE feuert unbotmäßige Vorstände

Der Aufsichtsrat des Regionalversorgers Heag Südhessische Energie AG (HSE) hat zwei der drei Vorstandsmitglieder wegen unbotmäßigen Verhaltens gefeuert. Wie er am 23. Mai mitteilte, scheiden Christine Scheel (Nachhaltigkeit) und Holger Mayer (Finanzen und Energiehandel) zum 31. Mai 2012 aus dem Unternehmen aus. Ihre Aufgabenbereiche werden von dem verbliebenen Vorstand Andreas Niedermaier (Personal und Regulierte Technik) zunächst kommissarisch übernommen. Über den Zeitpunkt und die sonstigen Umstände des Ausscheidens wurde eine "einvernehmliche Lösung" gefunden.

Die Stadt Darmstadt, der die HSE größtenteils gehört, zieht damit den Schlußstrich unter einen skurril anmutenden Konflikt mit der früheren Grünen-Abgeordneten Christine Scheel, die zu Anfang des Jahres gegen den Willen des Darmstädter Oberbürgermeisters und Aufsichtsratsvorsitzenden Jochen Partsch (Grüne) in den HSE-Vorstand berufen wurde (111219). Kurz nach ihrem Amtsantritt opponierte Scheel gegen die hundertprozentige Rekommunalisierung des Unternehmens, der die HSE-Hauptversammlung schon im Oktober 2010 zugestimmt hatte. Unterstützt wurde sie dabei von den beiden anderen Vorstandsmitgliedern und den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat. Anscheinend wollte sie den bisherigen 40-Prozent-Anteil von E.ON stattdessen der Energie Baden-Württemberg (EnBW) zukommen lassen (120209). In jedem Falle hatte sie ihre Kompetenzen als Vorstand überschritten und die Kräfteverhältnisse im Unternehmen verkannt.

Nur der Arbeitsdirektor darf bleiben

Am 13. Februar beschloß der Aufsichtsrat der städtischen Beteiligungs-Holding HEAG den Kauf der E.ON-Beteiligung wie geplant. Auf einer weiteren Sitzung am 27. April folgte der Beschluß, den beiden Vorstandsmitgliedern Scheel und Mayer das Vertrauen zu entziehen. "Diese konsequente Haltung von Stadtführung und HEAG wurde notwendig, um weiteren Schaden vom Stadtkonzern abzuwenden", hieß es dazu in einer Pressemitteilung. "Der HSE-Vorstand hat sich wiederholt öffentlich gegen den Hauptaktionär gewandt. Dabei wurde nicht der Weg der internen Kommunikation gewählt, sondern der externe. Bereits seit längerem ist der HSE-Vorstand keinen Einladungen mehr gefolgt, an Sitzungen des HEAG-Aufsichtsrats teilzunehmen. Auch wurden Einladungen von Oberbürgermeister Jochen Partsch, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der HEAG und der HSE, zu Gesprächen nicht angenommen. Der Aufsichtsrat der HEAG sieht daher keinerlei Vertrauensbasis mehr gegeben."

Vorstandsmitglied Niedermayer darf dagegen bleiben, weil Oberbürgermeister Partsch in Gesprächen mit der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat und Betriebsräten den Eindruck gewonnen hat, "daß diese ein besonderes Vertrauen in die Arbeit des HSE-Vorstandsmitglieds Herrn Andreas Niedermaier als Arbeitsdirektor haben". Partsch will diese Entscheidung zugleich als "ein Signal zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und Kooperation mit den Arbeitnehmervertretungen" gewertet wissen.

Scheel und Mayer fallen weich – Stillschweigen über Höhe der Abfindung

Über die Einzelheiten der "einvernehmlichen Lösung", die in den darauffolgenden Tagen mit Scheel und Mayer zustande kam, wurde erklärtermaßen Stillschweigen vereinbart. Dem Vernehmen nach soll Scheel rund 400.000 Euro dafür erhalten, daß sie mit der vorzeitigen Auflösung ihres Vorstandsvertrags nach nur fünf Monaten einverstanden ist. Ihr Vorstandskollege Mayer, dessen Gesamtvergütung sich laut HSE-Geschäftsbericht 2010 auf 416.000 Euro belief, wird sicher auch nicht auf "Hartz IV" angewiesen sein. Die Fraktion der freien Wählervereinigung "Uffbasse" im Darmstädter Stadtrat bezeichnete die Verschwiegenheitsvereinbarung als "ärgerlich" und forderte eine Überprüfung sämtlicher Vergütungen für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der HSE.

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