Juni 2013

130601

ENERGIE-CHRONIK


"Standortauswahlgesetz" in neuer Fassung verabschiedet

Der Bundestag hat am 28. Juni – in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause – das "Standortauswahlgesetz" verabschiedet, das in den kommenden Jahren die ergebnisoffene Suche nach einem geeigneten Standort zur Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland und die politische Durchsetzung der getroffenen Auswahl ermöglichen soll. An dem im April vereinbarten Gesetzentwurf (130403) wurden dabei etliche Änderungen und Ergänzungen vorgenommen. Die wichtigste betrifft die Zusammensetzung der in § 3 vorgesehenen Kommission, die das Standortauswahlverfahren vorbereitet. Außerdem ist nunmehr in § 1 ausdrücklich festgehalten, daß Deutschland von dem in der neuen EU-Richtlinie zur Endlagerung erlaubten Export von Atommüll (110707) keinen Gebrauch machen wird. Ein neu eingefügtes Kapitel 4 regelt in den §§ 21 - 28 die Umlage der entstehenden Kosten auf die Verursacher des radioaktiven Mülls. Die Verabschiedung des Gesetzes erfolgte mit den Stimmen aller Fraktionen, mit Ausnahme der Linken, die nicht an den Verhandlungen beteiligt war.

Keine weiteren Castor-Transporte ins Zwischenlager Gorleben

Im Zusammenhang mit dem Standortauswahlgesetz werden in weiteren Artikeln mehrere Änderungen am Atomgesetz vorgenommen und ein "Gesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung" erlassen. So heißt es jetzt in § 6 Abs. 5 des Atomgesetzes, daß die Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen 40 Jahre nicht überschreiten soll. Eine Verlängerung darf nur "aus unabweisbaren Gründen und nach der vorherigen Befassung des Deutschen Bundestages erfolgen". In § 9a Abs. 2a werden die KKW-Betreiber verpflichtet, die aus der Wiederaufarbeitung zurückkommenden Abfälle "in standortnahen Zwischenlagern" aufzubewahren. Dies schließt per definitionem weitere Transporte ins Zwischenlager Gorleben aus. § 23 des Atomgesetzes regelt die Zuständigkeiten des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgung, das gemäß § 1 des diesbezüglichen Spezialgesetzes als neue Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesumweltministeriums errichtet wird und im Lauf des Jahres 2014 seine Tätigkeit aufnimmt.

Zeitweilig schien Altmaier auch mit diesem Gesetz kein Glück zu haben

Der im April ausgehandelte Textentwurf für das Standortauswahlgesetz war nochmals ins Wanken geraten, weil die beabsichtige Neuregelung der Zwischenlagerung für die aus dem Ausland zurückkommenden Castor-Transporte nicht gelang und aus der Unionsfraktion die Forderung nach einer Umgestaltung der ursprünglich geplanten "Bund-Länder-Kommission" erhoben wurde. Vorübergehend schien sogar die geplante Verabschiedung des Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode gefährdet. Dem Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) drohte damit ein dritter Mißerfolg, nachdem er bereits mit den Gesetzentwürfen für die Einführung einer "Strompreisbremse" (130415) und für die Regelung von "Fracking" (130606) gescheitert war.

Zwischenlager-Problem wurde bis auf weiteres ausgeklammert

Um weitere Transporte ins Zwischenlager Gorleben per Atomgesetz untersagen zu können, war beabsichtigt, ersatzweise drei andere Zwischenlager zur Aufnahme der Rücktransporte aus Sellafield und La Hague zu bestimmen. Neben den Zwischenlagern Brunsbüttel und Philippsburg, die in rot-grün bzw. grün-rot regierten Bundesländern liegen, sollten zumindest das dritte aus dem Bereich der unionsgeführten Landesregierungen kommen. Es gelang aber nicht, dafür eine verbindliche Zusage zu erreichen. Hinzu kam, daß das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein am 20. Juni die Genehmigung des Zwischenlagers Brunsbüttel für ungültig erklärte, das den Großteil der Castor-Transporte aufnehmen sollte (130602). Parteien und Bundesländer einigten sich deshalb darauf, dieses Problem auszuklammern und erst später nach einer Lösung zu suchen.

In der neuen Standortsuche-Kommission haben die Politiker kein Stimmrecht

Seitens der CDU/CSU nahmen vor allem der Bundestagspräsident Norbert Lammert und der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder Anstoß an der vorgesehenen "Bund-Länder-Kommission", deren 24 Mitglieder nach § 3 des ursprünglichen Gesetzentwurfs zur Hälfte aus Bundestagsabgeordneten und Vertretern der Länder bestehen sollten. Sie forderten und erreichten stattdessen die Umwandlung in eine 33-köpfige Expertenkommission, in der Bundestag und Bundesländer zwar ebenfalls mit jeweils acht Mitgliedern vertreten sind und Stellungnahmen abgeben können, aber nicht stimmberechtigt sind. Außerdem wird die Kommission nicht mehr direkt beim Bundestag, sondern beim Umweltauschuß angesiedelt.

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