Juli 2015 |
150713 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Europäische Kommission verlangt von der Electricité de France (EDF) die Rückzahlung einer Beihilfe, die dem Unternehmen 1997 vom französischen Staat gewährt wurde. Insgesamt will sie von dem Unternehmen rund 1,37 Milliarden Euro. Sie rollt damit einen lange zurückliegenden Streitfall wieder auf, der schon vor Jahren beide Instanzen des Europäischen Gerichtshofs beschäftigte und mit dessen Entscheidungen zugunsten der EDF erledigt erschien.
Die EDF hatte zwischen 1987 und 1996 Rückstellungen für die Erneuerung des Hochspannungsnetzes gebildet. Als die EDF-Bilanz 1997 umstrukturiert wurde, stuften die französischen Behörden einen Teil dieser Rückstellungen als Kapitalerhöhung ein, ohne die entsprechende Körperschaftssteuer zu erheben. Diesen Steuerverzicht, den sie mit 888,89 Millionen Euro veranschlagte, wertete die Kommission als verbotene Beihilfe. Sie verlangte deshalb im Dezember 2003 von der EDF die Rückzahlung dieser Summe einschließlich Zinsen, was 1,217 Milliarden Euro ergab (031203).
Sechs Jahre später hob der Europäische Gerichtshof in Luxemburg diese Entscheidung auf, weil die Kommission nicht berücksichtigt habe, daß sich der französische Staat als Alleineigentümer der EDF möglicherweise wie ein marktwirtschaftlich handelnder private Kapitalgeber verhalten habe, als er auf die Körperschaftssteuer verzichtete, um die Kapitalausstattung der EDF zu verbessern (091215). Die Beschwerde der Kommission gegen diese Entscheidung wurde im Juni 2012 auch von der zweiten Instanz des Gerichtshofs abgelehnt. Die Luxemburger Richter bekräftigten, daß der französische Staat in diesem Fall wie ein privater Anteilseigner gehandelt habe. Daß er die Finanzspritze in Form eines Steuerverzichts anstelle einer Kapitalhilfe gewährte, sei dagegen nebensächlich (120611).
Die Kommission gab sich damit aber nicht geschlagen. Im Mai 2013 teilte sie mit, daß sie das Beihilfeverfahren unter Berücksichtigung der Luxemburger Urteile fortsetzen werde. Sie werde nun prüfen, ob die Nichtzahlung der Steuer eine Investition darstellen könne und – falls dem so ist – ob ein umsichtiger privater Investor eine vergleichbare Investition getätigt hätte.
Am 22. Juli teilte die Kommission nun mit, daß auch die neue Überprüfung im Lichte der Luxemburger Rechtsprechung den Tatbestand einer verbotenen Beihilfe ergeben habe. Und zwar deshalb, weil "damals bei einer realistischen Einschätzung der Lage von einer zu geringen Rentabilität einer solchen Investition auszugehen war". Ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber hätte nicht so gehandelt. Folglich handele es sich um eine staatliche Beihilfe, die die Marktposition der EDF zu Lasten der Wettbewerber gestärkt habe. Die Beihilfe müsse somit an den Staat zurückgezahlt werden. Der Rückforderungsbetrag belaufe sich nun auf rund 1,37 Milliarden Euro, wovon 889 Millionen auf die 1997 gewährte Steuerbefreiung und 488 Millionen auf die Zinsen entfallen.