April 2017

170412

ENERGIE-CHRONIK


Brüssel hat Beihilfe-Bedenken gegen Kapazitätsreserve

Die EU-Kommission hat am 7. April eine eingehende Prüfung eingeleitet, ob die in § 13e des Energiewirtschaftsgesetzes vorgesehene "Kapazitätsreserve" mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang steht. Sie hat unter anderem Bedenken, daß diese Maßnahme den Wettbewerb verfälschen und Kraftwerksbetreiber gegenüber den Anbietern abschaltbarer Lasten begünstigen könnte. Außerdem seien ausländische Kapazitätsanbieter von der Teilnahme ausgeschlossen.

Im Rahmen der geplanten Kapazitätsreserve müssen die deutschen Netzbetreiber insgesamt 2 Gigawatt (GW) für eine außerhalb des Marktes vorgehaltene Reserve bereitstellen. Dies geschieht durch eine Ausschreibung, bei der die Kapazitätsanbieter ihre Gebote abgeben können. Der Höchstwert der möglichen Vergütung für die Vorhaltung einer Leistung von 1 MW liegt bei jährlich 100.000 Euro.

Die Regelung soll ab Winter 2018/2019 zunächst zwei Jahre lang gelten. Danach könnte die ursprüngliche Reserve von 2 GW verlängert und aufgestockt werden. Die Kommission hat deshalb momentan nicht den Eindruck, daß an die Auflösung der Kapazitätsreserve gedacht sei, sobald sämtliche Reformen auf dem deutschen Strommarkt greifen. Unabhängig von einer vorläufigen Notwendigkeit der Kapazitätsreserve könne diese auch dann noch fortgeführt werden, wenn sie nicht länger benötigt wird.

Die Kommission hat ferner Zweifel, ob Deutschland alle möglichen Reformen durchgeführt hat, die den Markt in die Lage versetzen, die Versorgungssicherheit zu möglichst geringen Kosten und ohne staatliche Eingriffe zu gewährleisten. Selbst gut konzipierte Kapazitätsmechanismen könnten entscheidende Reformen des Strommarkts nicht ersetzen.

"Sicherheitsbereitschaft", Netzreserve und Abschaltverordnung sind bereits genehmigt

Die Kapazitätsreserve wurde als Bestandteil des sogenannten Strommarktgesetzes im Juni 2016 vom Bundestag beschlossen (160604). Sie ist zu unterscheiden von der "Sicherheitsbereitschaft" der acht Braunkohlekraftwerke, die gemäß § 13g auf Kosten der Stromverbraucher eingemottet werden, um angeblich im äußersten Notfall aktiviert werden zu können. Diese Maßnahme wurde anfangs oft ebenfalls als "Kapazitätsreserve" bezeichnet (150701) und bereits im Mai 2016 von der Kommission gebilligt (160503). Frei vom Beihilfeverdacht sind inzwischen auch die neugefaßten Bestimmungen zur Netzreserve aus "systemrelevanten" Kraftwerken gemäß § 13d und die zweite "Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten" (160610).

 

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