Mai 2017

170504

ENERGIE-CHRONIK


Erste Ausschreibung für Windkraft an Land geht zu 96 Prozent an "Bürgerenergiegesellschaften"

Die erste Ausschreibung für Windkraftanlagen an Land erbrachte ein überraschendes Ergebnis: Die Kapazität von 807 Megawatt (MW), die von der Bundesnetzagentur insgesamt zugeteilt wurde, entfiel zu 96 Prozent auf sogenannte Bürgerenergiegesellschaften. Dabei handelt es sich um lokal verankerte Projektgesellschaften, für die bei der Ausschreibung neuer Windkraftanlagen erleichterte Bedingungen gelten. Die Voraussetzungen dafür regelt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das der Bundestag im Juli vorigen Jahres verabschiedete (160702).

Wie die Bundesnetzagentur am 19. Mai bekanntgab, wurden 256 Gebote mit einem Volumen von 2.137 Megawatt abgegeben. Darunter befanden sich 169 Gebote von Bürgerenergiegesellschaften. Diese stellten somit auch zwei Drittel der Bieter. Von den 70 Geboten, die den Zuschlag bekamen, entfielen sogar 65 auf Bürgerenergiegesellschaften.

Durchschnittliche Förderung liegt bei 5,71 Cent pro Kilowattstunde

Im sogenannten "Netzausbaugebiet" im windreichsten Teil Deutschlands, in dem die Bundesnetzagentur den Windkraft-Zubau auf jährlich 902 MW beschränkt hat (161101), waren in der ersten Ausschreibung lediglich 258 MW zu vergeben. Dieser Rahmen wurde auch voll ausgeschöpft. Für alle Gebiete zusammen ergab sich ein durchschnittlicher, mengengewichteter Zuschlagswert von 5,71 Cent pro Kilowattstunde. Außerhalb des "Netzausbaugebiets" lag der höchste Gebotswert, der noch einen Zuschlag erhalten konnte, bei 5,78 Cent/kWh. Innerhalb dieses Gebiets betrug er 5,58 Cent/kWh.

Einheitliche Sätze für die Bürgerenergiegesellschaften

Bei den Bürgerenergiegesellschaften hatte die Bundesnetzagentur von der Ermächtigung in § 85 Abs. 2 EEG Gebrauch gemacht, den Zuschlagswert auf ein Einheitspreisverfahren umzustellen. Dabei wird der Gebotswert des letzten bezuschlagten Gebots der Zuschlagswert aller anderen erfolgreichen Gebote. So ergab sich für die Bürgerenergiegesellschaften eine einheitliche Förderung von 5,78 Cent/kWh außerhalb des "Netzausbaugebiet's" und von 5,58 Cent/kWh innerhalb der Restriktionszone. Bei den fünf anderen Bietern bemißt sich die Förderung nach dem individuell gebotenen Wert (Gebotspreisverfahren). Drei davon sind Projektgesellschaften der RWE-Tochter Innogy.

Nach den Begriffsbestimmungen in § 3 des EEG 2017 muß eine Bürgerenergiegesellschaft aus mindestens zehn Personen bestehen, von denen keine mehr als zehn Prozent der Stimmrechte besitzt. Außerdem müssen mindestens 51 Prozent der Anteile bei solchen Personen liegen, die seit mindestens einem Jahr in dem Stadt- oder dem Landkreis gemeldet sind, in dem die Anlage errichtet werden soll. Die weiteren Bedingungen für die Teilnahme regelt § 36g.

Zum Beispiel können Bürgerenergiegesellschaften Gebote für bis zu sechs Windenergieanlagen mit insgesamt nicht mehr als 18 Megawatt bereits vor der Erteilung der Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz abgeben. Im Unterschied zum Normalfall erlischt bei ihnen der Zuschlag auch nicht schon nach 30 Monaten, wenn die Anlage bis dahin nicht in Betrieb genommen wurde, sondern erst nach 54 Monaten.

Greenpeace verlangt genaue Prüfung, ob sich Großinvestoren als engagierte Bürger verkleidet haben

Die von der Bundesnetzagentur aufgelisteten Bürgerenergiegesellschaften, die einen Zuschlag erhalten haben, sind fast durchweg als GmbH & Co. KG konstruiert. An die Stelle der GmbH tritt dabei oft die haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, die 2008 neu eingeführt wurde, um die Gründung kleiner Firmen mit Haftungsbeschränkung ohne nennenswertes Kapital zu ermöglichen. Bei dieser "UG (haftungsbeschränkt)" genügt bereits ein Stammkapital von einem Euro. Von den eventuellen Gewinnen müssen aber 25 Prozent solange in eine gesetzliche Rücklage fließen, bis das GmbH-Mindeststammkapital von 25.000 Euro erreicht ist.

Die Umweltorganisation Greenpeace hielt es "zunächst einmal für begrüßenswert", daß so viele Bürgerenergiegesellschaften den Zuschlag erhalten haben. Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy und Aufsichtsratsmitglied im Bündnis Bürgerenergie e.V., meldete aber auch Zweifel an: Das Ergebnis müsse erst noch "genau darauf geprüft werden, ob hier Gesellschaften zum Zug kamen, in denen tatsächlich engagierte Bürger die Zügel in der Hand halten – oder in wie vielen Fällen am Ende doch versteckte Großinvestoren dahinterstecken".

 

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