Juli 2018

180709

ENERGIE-CHRONIK


Bund verhindert zum zweitenmal chinesischen Einstieg bei 50Hertz

Die Bundesregierung hat zum zweiten Mal den Verkauf eines 20-Prozent-Anteils am ostdeutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz an die State Grid Corporation of China (SGCC) verhindert. Wie die Ministerien für Wirtschaft und Finanzen am 27. Juli gemeinsam mitteilten, wird das Aktienpaket stattdessen von der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) übernommen. Diese geschehe "aus sicherheitspolitischen Erwägungen" und zum "Schutz kritischer Energieinfrastrukturen". Es handele sich nur um eine vorübergehende Lösung. Die von der KfW erworbenen Anteile sollen "perspektivisch weiterveräußert werden". Das Wörtchen perspektivisch läßt dabei anklingen, dass die KfW momentan keine Chance hat, den überteuerten Zwangseinkauf zum Einstandspreis wieder loszuwerden (siehe 180603 und Kommentar).

Auf Drängen und mit Hilfe der Bundesregierung übernahm Elia die erste Tranche

Bis vor kurzem gehörte der ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiber zu 60 Prozent der staatlichen belgischen Elia und zu 40 Prozent dem australischen Infrastrukturfonds IFM, wobei der Elia jeweils ein Vorkaufsrecht auf die Anteile des Partners zustand. Ende vorigen Jahres verhandelte der Minderheitseigentümer mit der State Grid Corporation of China (SGCC) über den Verkauf der Hälfte seiner Anteile (180205). Dazu kam es aber nicht, weil die Elia auf Drängen der Bundesregierung und mit deren finanzieller Unterstützung ihr Vorkaufsrecht ausübte. Sie zahlte dabei für die Fünftel-Beteiligung 976,5 Millionen Euro. Das war eine gut doppelt so hohe Summe, als sie einst für den Erwerb ihrer eigenen Mehrheitsbeteiligung aufwenden musste (180305). Art und Höhe des finanziellen Beistands der Bundesregierung wurden nicht bekannt.

Die zweite Tranche kaufte auf Kosten des Steuerzahlers die KfW

Kurz nach diesem lukrativen Geschäft bot IFM die restlichen zwanzig Prozent ebenfalls den Chinesen an (180603). Der angegebene Verkaufspreis war wiederum so hoch, dass Elia nicht an der Ausübung des Vorkaufsrechts interessiert sein konnte, zumal sie inzwischen schon 80 Prozent an 50Hertz besaß. Stattdessen kam dieses Mal eine kostenneutrale Lösung zustande, bei der das Aktienpaket nach Ausübung des Vorkaufsrechts durch Elia sofort in den Besitz der KfW überging, die faktisch den von IFM verlangten Kaufpreis bezahlte. Elia bestätigte am 27. Juli, dass man sich mit der Bundesregierung auf diese Vorgehensweise geeinigt hatte.

Schlechtes Beispiel dürfte bei Anteilseignern "kritischer Infrastruktur" Schule machen

Die Höhe des Verkaufspreises für die zweite Tranche wurde nicht genannt. Es ist zu befürchten, dass er noch höher war als bei der ersten. Dabei dürfte das angebliche Sicherheitsrisiko gar nicht gegeben sein. Zumindest rechtfertigt der Nutzen nicht den Aufwand von schätzungsweise einer Milliarde Euro. Aufgrund der Außenwirtschaftsverordnung kann der Einstieg eines ausländischen Investors in "kritische Infrastruktur" ab einem Schwellenwert von 25 Prozent der Stimmrechte untersagt werden. Wenn die Bundesregierung glaubt, unterhalb dieser Schwelle intervenieren zu müssen, sollte sie die Außenwirtschaftsverordnung entsprechend ändern. Andernfalls wird sie bald noch weitere Milliarden an Steuergeldern ausgeben müssen, um irgendwelchen Kapitaleignern ihre Aktien oder Gesellschaftsanteile an "kritischer Infrastruktur" zu dem Höchstpreis abzukaufen, den ein chinesischer, russischer oder sonstwie suspekter Interessent angeblich zu zahlen bereit ist. Wie man das erfolgreich einfädelt – ob mit oder ohne Vorkaufsrecht eines Miteigentümers – hat jetzt der australische Infrastrukturfonds IFM vorgemacht.

 

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