November 2018

181106

ENERGIE-CHRONIK


Umfang der "Innovationsausschreibungen" wächst um das Achtfache

Die EEG-Änderungen in Artikel 1 des "Energiesammelgesetzes" (181101) vervielfachen den Umfang der sogenannten Innovationsausschreibungen. Gemäß dem § 39j, der 2017 neu ins EEG aufgenommen wurde, sind bisher in den Jahren 2018 bis 2020 insgesamt drei Ausschreibungen mit jeweils 50 Megawatt vorgesehen. Tatsächlich fand bisher aber keine einzige Ausschreibung statt. Es fehlt auch die entsprechende Rechtsverordnung nach § 88d, die bis spätestens 1. Mai 2018 hätte erlassen werden müssen. In der Neufassung verschiebt der § 39j nun die Ausschreibungen auf die Jahre 2019 bis 2021. Zugleich werden in § 28 Abs. 6 die in diesen drei Jahren auszuschreibenden Mengen auf 250, 400 und 500 MW erhöht. Das ergibt insgesamt 1.150 MW oder fast achtmal soviel wie bislang vorgesehen. Die Verordnungsermächtigung in § 88d wird beibehalten, aber teilweise neu gefaßt.

Zielrichtung der Ausschreibungen bleibt äußerst vage

Trotz der enormen Ausweitung des Volumens wird der Zweck dieser Innovationsausschreibungen weiterhin nur sehr vage umrissen. Wie es in der Begründung heißt, sollen damit "neue Preisgestaltungsmechanismen und Ausschreibungsverfahren erprobt werden, die zu mehr Wettbewerb und mehr Netz- und Systemdienlichkeit führen". Die Bundesregierung werde bereits im kommenden Jahr "eine erste Evaluierung vorsehen, um zu prüfen, ob einzelne getestete Elemente in das reguläre Ausschreibungsdesign übernommen werden können". Je nach Ergebnis würden dann die Mengen dieser Innovationsausschreibungen ab 2021 sogar verdreifacht.

Aus der Begründung geht weiter hervor, dass diese Mengen "von den bislang bestehenden Ausschreibungsmengen der technologiespezifischen Ausschreibungen je zur Hälfte abgezogen" werden. Durch die Innovationsausschreibungen ergeben sich also keine zusätzlichen Ausschreibungsmengen, sondern entsprechende Kürzungen bei den regulären Ausschreibungen für Windkraft- und Solaranlagen.

Erneuerbaren-Branche sieht keine innovativen Elemente

"Diese Innovationsausschreibungen beinhalten keine innovativen Elemente, sondern sind ein Sammelsurium an Detailregelungen, die innovativen Ansätzen eher entgegenstehen", kritisierte die Vorsitzende des Bundesverbands Erneuerbare Energien (BEE), Simone Peter. Innovationsausschreibungen ohne Innovationen seien nur ein "Placebo".

Der Vorsitzende des Bundesverbands Windenergie (BWE), Hermann Albers, bezeichnete es als "hoch problematisch", dass die Investitionsausschreibungen technisch nicht beschrieben, aber im voraus mit restriktiven Ausschreibungsregeln wie einer technologieneutralen Marktprämie belastet würden. "Wir brauchen wirkliche Innovationen, die ein Zusammenspiel der verschiedenenen Erneuerbare-Technologien mit P2X und Speichern sowie innovativen Vermarktungskonzepten tatsächlich voranbringen."

Über die energiepolitische Zielrichtung läßt sich vorerst nur spekulieren

Seit der Einführung des § 39j ins EEG blieb schleierhaft, welches Ziel damit verfolgt werden soll, zumal die Bundesregierung bisher nicht einmal in der Lage war, die seit 1. Mai 2018 überfällige Ausführungsverordnung vorzulegen. "Innovation" klingt natürlich immer gut. Der Paragraph enthält aber keine klare Ansage, weshalb diese Sonderform der Ausschreibungen für notwendig gehalten wird. Er bestimmt lediglich, dass sie "nicht auf einzelne erneuerbare Energien beschränkt" sein müsse und Gebote auch "für Kombinationen oder Zusammenschlüsse verschiedener erneuerbarer Energien" abgegeben werden können. Das legte zunächst mal den Verdacht nahe, dass es hauptsächlich darum ging, den neoliberalen Unsinn der "technologieneutralen Ausschreibungen" zu entschärfen, den eine seit 2014 geltende EU-Richtlinie zur Norm erhoben hat  (siehe Hintergrund, August 2018). Mit diesen technologieneutralen Ausschreibungen gaben die EU-Bürokraten den Einflüsterungen einer Lobby nach, die sich optimale Profite erhoffte, wenn Wind- und Solaranlagen innerhalb Europas nur an den jeweils günstigsten Standorten die Zuschläge erhalten würden. Inzwischen sind die Kosten der Photovoltaik aber derart gesunken, dass selbst im nicht gerade sonnenreichen Deutschland die Windkraft bei allen gemeinsamen Ausschreibungen das Nachsehen hat (180401, 181013). Die Innovationsausschreibungen könnten die Möglichkeit eröffnen, Solar- und Windkraftanlagen weiterhin separat zu fördern, indem die Projekte mit technischen Besonderheiten kombiniert werden. Zum Beispiel könnten Windkraftanlagen in Verbindung mit Strom-zu-Gas Anlagen oder anderen Speichervorrichtungen ausgeschrieben werden.
 

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