Februar 2019

190210

ENERGIE-CHRONIK


Land hilft Unternehmen bei Finanzierung des "Energiewirtschaftlichen Instituts"

Die CDU/FDP-Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, das "Energiewirtschaftliche Institut an der Universität zu Köln" (EWI) künftig aus Steuergeldern zu alimentieren. Das Institut ist eine von der Energiewirtschaft getragene Einrichtung, die seit 2009 in der privatrechtlichen Form einer gGmbH geführt wird. Parallel dazu bestand bisher als Ausgründung die ewi Energy Research & Scenarios gGmbH. Alleiniger Gesellschafter beider Unternehmen war ein Förderverein aus rund vierzig Unternehmen und Verbänden der Energiewirtschaft.

Jährlich bis zu 800.000 Euro "Grundfinanzierung"

Wie das Institut am 19. Februar mitteilte, wurde es inzwischen mit der erwähnten Ausgründung zu einer einzigen GmbH zusammengefaßt, die ebenfalls als gemeinnützig anerkannt ist. Die neue Gesellschaftsform ermögliche ab diesem Jahr eine institutionelle Förderung durch das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE). Die Zuwendungen aus dem Landeshaushalt dienten der Absicherung der Grundfinanzierung des Instituts und würden sich jährlich auf bis zu 800.000 Euro belaufen. Der Förderverein könne sich damit künftig auf die gezielte Unterstützung einzelner Projekte beschränken.

Leiter des Instituts mit seinen etwa 35 Mitarbeitern ist seit 2007 der Volkswirt Marc Oliver Bettzüge, der zuvor für das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group gearbeitet hat. Zugleich mit dem EWI-Posten bekam er eine Stiftungsprofessur, die auf Betreiben von RWE, E.ON, Vattenfall und RAG an der Universität Köln eingerichtet wurde. Neben ihm ist weiterhin Wolfgang Ketter als Direktor des Instituts tätig. Der dritte bisherige Direktor, Felix Höffler, ist zu Beginn des Jahres gestorben.

Ausgerechnet das EWI soll jetzt der Energiewende auf die Sprünge helfen

Schon von 2009 bis 2013 wurde das Institut aus Landesmitteln unterstützt, was es ebenfalls einer aus CDU und FDP bestehenden Landesregierung zu verdanken hatte. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) begründete die erneute und unbefristete Finanzspritze am 20. Februar mit den "enormen Herausforderungen" durch die Energiewende. "Das EWI wird zukünftig noch stärker dabei helfen, aus wissenschaftlicher Perspektive Antworten und Lösungsansätze für die Energieversorgung der Zukunft zu finden – gerade auch mit Blick auf die besonderen Chancen durch die Digitalisierung und Dezentralisierung der Stromversorgung. Die Arbeit des EWI ist damit eine wichtige Ergänzung für die Energieforschungslandschaft in Nordrhein-Westfalen."

In der Vergangenheit bediente das EWI allerdings eher solche Auftraggeber, die der Energiewende abhold waren. Es galt gewissermaßen als Hoflieferant von industrienahen Kreisen. So ließ sich Ende 2001 der damalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller vom EWI munitionieren, um die hochgesteckten Klimaschutzziele seines grünen Kabinettskollegen Jürgen Trittin zu torpedieren (011101). Für Müllers Nachfolger Wolfgang Clement erstellte das EWI zusammen mit zwei anderen industrienahen Instituten eine EEG-kritische Studie, die dann allerdings unter Verschluß blieb, um den rot-grünen Koalitionsfrieden nicht zu gefährden (040304). Als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium trat der damalige EWI-Chef Carl Christian von Weizsäcker für die Abschaffung der EEG-Förderung ein, weil sie durch den Handel mit Emissionszertifikaten "höchst ineffizient und letztlich wirkungslos" geworden sei (040304). Als ruchbar wurde, daß die Energiekonzerne die kostenlos erhaltenen Zertifikate für den Emissionshandel auf die Strompreise aufgeschlagen und so Milliarden an "Windfall-Profits" eingestrichen hatten, verteidigte der mittlerweile emeritierte EWI-Chef dies als ganz normales Geschäftsgebaren (050901). Weizsäcker gehörte ferner zu den Unterzeichnern eines Pamphlets, das unter dem Titel "Die Energie-Lüge" gegen die EEG-Förderung Stimmung machte (090308). Eine umstrittene Studie zu den netztechnischen Folgen der vermehrten Windstrom-Einspeisung, die gemeinhin als "Dena-Netzstudie" bezeichnet wird, weil sie von der Deutschen Energie-Agentur (dena) in Auftrag gegeben wurde, entstand in Wirklichkeit unter Federführung des EWI in Abstimmung mit Netzexperten der Konzerne E.ON, RWE und Vattenfall (050102). Im Frühjahr 2010 bediente das EWI die Energiekonzerne und deren Verbände mit einem Gutachten, das faktisch auf die Ersetzung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durch den europaweiten Handel mit Emissions- oder RECS-Zertifikaten zielte (100408). Im selben Jahr veröffentlichte das Bundeswirtschaftsministerium eine EWI-Studie, die es zur Verteidigung des neu eingeführten EEG-Ausgleichsverfahrens in Auftrag gegeben hatte. Die einzige nennenswerte Erkenntnis dieser Studie bestand darin, dass die Verramschung von Wind- und Solarstrom am Spotmarkt eine Senkung der Börsenstrompreise bewirkt, die aber die Normalverbraucher zusätzlich belastet, weil sie über die EEG-Umlage die Stromrechnungen erhöht. Das passte nun freilich gar nicht zum Regierungsauftrag. Insofern ist verständlich, weshalb die EWI-Autoren diese problematische Erkenntnis nur mit einem einzigen Satz erwähnten, den sie überdies noch in einer Fußnote versteckten (100708).

 

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