November 2022 |
221112 |
ENERGIE-CHRONIK |
Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2021 die durchschnittliche Unterbrechungsdauer je angeschlossenem Letztverbraucher von 10,73 auf 12,7 Minuten. Der Anstieg in der Niederspannung (rot) ist unter anderem auf die Hochwasserschäden zurückzuführen, die Mitte Juli durch ungewöhnlich starke Regenfälle entstanden (210716). Zum Anstieg in der Mittelspannung (blau) trug ein mit Aluminium beschichteter Luftballon bei, der sich am 13. September ins Umspannwerk Dresden-Süd verirrte. Beim Versuch, den entstandenen Kurzschluss zu beheben, kam es in der Landeshauptstadt und ihrer Umgebung zu einem Stromausfall, der rund 300.000 Haushalte traf. |
"Wir müssen davon ausgehen, dass es im Winter Blackouts geben wird", sagte der Leiter des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Ralph Tiesler, in einem Interview mit der "Welt am Sonntag" (20.11.). Damit meine er "eine regional und zeitlich begrenzte Unterbrechung der Stromversorgung", um wegen der Verknappung des Energieangebots die Netze zu schützen und die Gesamtversorgung nicht zu gefährden. Das Risiko solcher Unterbrechungen der Stromversorgung werde Anfang des kommenden Jahres zunehmen.
Der 63-jährige Jurist, der sein Amt erst im Juni dieses Jahres angetreten hat, scheint dabei nicht bedacht zu haben, in welches politische Wespennest er mit solchen Äußerungen griff, nachdem Union und FDP ihre Kampagne für eine Laufzeitenverlängerung der drei letzten Kernkraftwerke mit angeblich drohenden Blackouts wegen Strommangels zu begründen versucht haben. Prompt widersprach ihm die Bundesnetzagentur und betonte, dass Deutschland über "eines der weltweit zuverlässigsten Stromversorgungssysteme" verfüge. Dabei blieb es aber nicht. Noch am Erscheinungstag des Blattes veröffentlichte Tieslers Behörde auf ihrer Internetseite folgende "Klarstellung":
"Ein großflächiger Stromausfall in Deutschland ist äußerst unwahrscheinlich. Das elektrische Energieversorgungssystem ist mehrfach redundant ausgelegt und verfügt über zahlreiche Sicherungsmechanismen, um das Stromnetz bei Störungen zu stabilisieren. Ebenso wird die Wahrscheinlichkeit als gering angesehen, dass es regional und zeitlich begrenzt zu erzwungenen Abschaltungen kommt, um die Gesamtversorgung weiter sicherzustellen. Auf ein solches Szenario hatte sich BBK-Präsident Tiesler in seinem Interview mit der "Welt am Sonntag", welches am 19. November 2022 erschienen ist, bezogen, um die grundsätzliche Bedeutung von Vorsorgemaßnahmen hervorzuheben. Die missverständliche Formulierung bedauert das BBK und stellt diese hiermit klar."
In der Tat gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass – mit oder ohne Weiterbetrieb der drei Kernkraftwerke - das Risiko von Stromausfällen in diesem Winter das übliche Maß überschreiten wird. Und dieses übliche Maß ist in den vergangenen 16 Jahren immer geringer geworden, wie die regelmäßig veröffentlichen SAIDI-Werte der Bundesnetzagentur zeigen, die alle ungeplanten Versorgungsunterbrechungen mit einer Dauer von mehr als drei Minuten erfassen. Zuletzt hatte die Behörde am 12. September mitgeteilt, dass der SAIDI für das Jahr 2021 mit 12,7 Minuten durchschnittlicher Unterbrechungsdauer je angeschlossenem Letztverbraucher zu veranschlagen war. Er lag damit über dem bislang besten Wert, der im Vorjahr mit 10,73 Minuten erzielt wurde, aber deutlich unter dem langjährigen Mittel von 14,9 Minuten ab dem Jahr 2006 (siehe Grafik).
r?