Dezember 2022

221215

ENERGIE-CHRONIK


Putin will Widerstand der Ukraine durch Terror gegen Zivilbevölkerung brechen

Der russischen Armee ist es auch zehn Monate nach Beginn des Überfalls auf die Ukraine nicht gelungen, den Widerstand der Verteidiger zu brechen und größere Teile des Landes zu besetzen. In der direkten militärischen Konfrontation haben sich die ukrainischen Streitkräfte sogar als überlegen erwiesen. Seit Herbst konzentriert der Kreml-Diktator Putin deshalb seine Kriegsführung auf Luftangriffe, indem er mit Raketen, Drohnen und Flugzeugen gezielt die Anlagen zur Energie- und Wasserversorgung zerstören lässt (221001). Im Dezember kam es zu einer nochmaligen Steigerung solcher Angriffe. Der russische Terror trifft so auch jene Teile der Zivilbevölkerung, deren Wohnungen noch nicht zerstört oder beschädigt wurden. Neben häufigen Stromausfällen und Mangel an Trinkwasser sind bei den winterlichen Temperaturen vor allem fehlende Heizungsmöglichkeiten wegen Unterbrechung der Gasversorgung zum Überlebensproblem geworden.

"Generatoren sind genauso nötig wie Panzer"

"Jeden Tag fürchten wir neue Angriffe und Ausfälle", erklärte der ukrainische Präsident Zelensky am 13. Dezember, "Stromgeneratoren sind zwischen genauso nötig wie Panzerfahrzeuge und Schutzwesten." Zelensky sprach dabei per Videoschaltung zu Vertretern von 46 Staaten, die sich auf Einladung der französischen Regierung zu einer Unterstützer-Konferenz für die Ukraine in Paris trafen. Nach Angaben des französischen Außenministeriums wollen die Teilnehmer Hilfen im Umfang von 1,05 Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Davon sind 415 Millionen für die Energieversorgung bestimmt, 25 Millionen für die Trinkwasserversorgung, 38 Millionen für Nahrungsmittel, 17 Millionen für das Gesundheitswesen und 22 Millionen für das Verkehrswesen. Über die restlichen 493 Millionen kann die Ukraine frei verfügen. Der französische Präsident Macron verurteilte die russischen Angriffe als "Terror gegen die Zivilbevölkerung" und als "zynische Strategie", die darauf abziele, die Ukraine über die Zerstörung ihrer zivilen Infrastruktur in die Knie zu zwingen. Auf jeden Gebietsgewinn der Ukraine reagiere Russland mit neuen Anschlägen auf Strom-, Gas- oder Wasserleitungen. Es handele sich um Kriegsverbrechen,die nicht ungestraft bleiben dürften.

Kredit zur Reparatur von Umspannwerken und Bezahlung von Stromimporten

Der ukrainische Stromnetzbetreiber Ukrenergo bekam Anfang Dezember von der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) ein Darlehen von 300 Millionen Euro sowie aus den Niederlanden einen Kredit von 72 Millionen. Mit dem Geld sollen hauptsächlich die Umspannwerke wiederhergestellt werden, die durch russischen Raketenbeschuss beschädigt wurden. Mit den restlichen 150 Millionen will der Netzbetreiber vor allem Zahlungsverpflichtungen erfüllen, die ihm durch Stromimporte entstanden sind. Das ukrainische Stromnetz ist seit März 2022 mit dem westeuropäischen Verbundsystem synchronisiert (220307). Ursprünglich wollte die Ukraine diese Anbindung für Stromexporte nutzen und drang deshalb auf eine Ausweitung der vereinbarten Austauschkapazitäten (220903). Inzwischen ist sie froh darüber, in umgekehrter Richtung den relativ teuren Strom aus Westeuropa zur Stützung des eigenen Systems importieren zu können, und ist deshalb an einer Verdoppelung der Kapazität auf 600 Megawatt interessiert. Die ENTSO-E zeigt dazu bisher wenig Bereitschaft, da in der gegenwärtigen Situation jederzeit ein völliger Zusammenbruch der ukrainischen Stromversorgung befürchtet werden muss, der unkakulierbare Rückwirkungen auf das westeuropäische Verbundsystem haben könnte.

USA liefern nun doch "Patriot"-Raketen für die Flugabwehr

Die russischen Angriffe auf die Infrastruktur der Ukraine wären noch weit verheerender, wenn es den Verteidigern nicht gelänge, die russischen Lenkwaffen und Flugzeuge größtenteils abzuschießen. Deshalb war es ein bedeutender Erfolg für den Präsidenten Zelensky, dass ihm die USA am 21. Dezember bei einem Kurzbesuch in Washington die Lieferung von "Patriot"-Raketen versprachen. US-Präsident Biden hatte lange mit dieser Entscheidung gezögert, um dem Kreml keinen Vorwand für eine Eskalation des Krieges zu bieten. Da Putin nun gezielt auf den Terror gegen die Zivilbevölkerung setzt, sieht er dafür aber keinen Grund mehr. Die "Patriot"-Raketensysteme können Gebiete mit einem Radius von 160 Kilometer beschützen, während die bisher von der Ukraine verwendeten Flugabwehrraketen vom Typ "Iris-E" nur einen Radius von 40 Kilometer abdecken. Außerdem können letztere keine ballistischen Raketen abfangen, die über besonders große Sprengkraft verfügen. Mit dem Einsatz der "Patriot"-Raketen ist frühestens ab Februar zu rechnen, da die Ukraine das dafür notwendige Fachpersonal erst noch schulen muss.

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