Februar 2025

250206

ENERGIE-CHRONIK


50Hertz spendiert Leuna einen Elektrodenkessel, um Strom nicht abregeln zu müssen

Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz Transmission GmbH und die InfraLeuna GmbH unterzeichneten am 17. Februar einen Vertrag über den Bau und Betrieb eines Elektrodenkessels auf dem Leuna-Betriebsgelände. Die Anlage soll überschüssigen Strom aus Windenergie- und Photovoltaikanlagen in Prozessdampf umwandeln. InfraLeuna plant, baut und betreibt die Anlage. 50Hertz übernimmt die Investitionskosten in Höhe von 13,6 Millionen Euro und darf sie dafür in das Management von Stromnetzengpässen einbinden. Das Chemie-Unternehmen zahlt für die Belieferung mit Gratis-Strom einen Betrag, der sich nach den eingesparten Kosten bei der Wärmeerzeugung bemisst.

Die sogenannte "Power-to-Heat"-Anlage besteht aus einem Elektrodenkessel mit einer elektrischen und thermischen Leistung von jeweils ca. 35 Megawatt, in dem Wasser durch Strom erhitzt wird. Pro Stunde werden 45 Tonnen überhitzter Prozessdampf erzeugt und in das Dampfnetz des Chemiestandortes eingespeist. Der dabei erreichte Überdruck von 47 bar werde mit dieser Technologie europaweit zum ersten Mal erreicht, heißt es in der Pressemitteilung. Der Baubeginn ist für Mitte dieses Jahres geplant. Die Inbetriebnahme wird im ersten Quartal 2026 erwartet.

Rechtliche Grundlage ist 13 Abs. 6a EnWG

Es geht hier letztendlich um das neuerdings propagierte Prinzip "Nutzen statt Abregeln" (240704). Die rechtliche Grundlage ist aber nicht der § 13k des Energiewirtschaftsgesetzes, der explizit so überschrieben ist. Wie 50Hertz auf Nachfrage mitteilte, basiert die Vereinbarung mit Leuna auf § 13 Abs. 6a EnWG. Dieser gestattet den Übertragungsnetzbetreibern den Abschluss derartiger Verträge mit Betreibern von KWK-Anlagen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehört, dass der Betreiber der KWK-Anlage einen "angemessenen finanziellen Ausgleich" für den gelieferten Strom zahlt, der ihn "wirtschaftlich weder besser noch schlechter stellt, als er ohne die Maßnahme stünde". Der Übertragungsnetzbetreiber hat dafür aber die Investitionskosten für den Elektrodenkessel und Zubehör zu übernehmen.

Doppelter Einspar-Effekt

Den Sinn des Geschäfts sieht 50Hertz zum einen darin, die Kosten der "Ausfallarbeit" zu reduzieren, denn die Erzeuger von abgeregeltem Erneuerbaren-Strom haben einen Anspruch auf Entschädigung. 50Hertz bekommt den Strom zwar auch nicht gratis, kann die Kosten aber mit den Ausgleichszahlungen des Chemieunternehmens verrechnen, das bei seinen Ausgaben für die Wärmeerzeugung spart. Zum anderen entfällt hinter den jeweiligen Netzengpässen die Notwendigkeit, zusätzliche Kraftwerkskapazitäten einzusetzen, um die abgeregelte Strommenge per "Redispatch" neu zu erzeugen. Und das käme sogar noch teuerer als die Ausfallarbeit. Bei der Ausfallarbeit wie beim Redispatch – inzwischen hat man beide unter dem Begriff Redispatch 2.0 zusammengefasst – gehen die Kosten in die Netzentgelte ein und belasten letztendlich die Stromverbraucher. Durch "Nutzen statt Abregeln" können die Netzengpass-Kosten so zumindest etwas gesenkt werden.

Meistens wird der überschüssige Strom zur Erzeugung von Wärme genutzt

Der Grundgedanke bei diesem Konzept ist, dass sowohl die Netzbetreiber als auch ihre Parter einen Vorteil davon haben, wenn überschüssiger Strom aus Windkraft oder Photovoltaik nicht abgeregelt werden muss, sondern einer einigermaßen sinnvollen Verwendung zugeführt werden kann. In der Regel ist das die Umwandlung des Stroms zu Wärme. Meistens handelt es sich um Fernwärme, wie bei einer ganzen Reihe kommunaler Kooperationspartner von 50Hertz, die sich für diesen Zweck Elektro- oder Elektrodenkessel zugelegt haben (230603). Diese Kessel werden vorzugsweise dann angeworfen, wenn der Strompreis an der Börse wegen eines Überangebots an Wind- und Solarstrom besonders niedrig oder sogar negativ ist. Sie ließen sich unter bestimmten Voraussetzungen aber auch als "zuschaltbare Lasten" gemäß § 13k des EnWG einsetzen. Die Umwandlung von überschüssigem Erneuerbaren-Strom zu Wasserstoff spielt dagegen bisher erstaunlicherweise keine Rolle.

 

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