Dezember 1991

911202

ENERGIE-CHRONIK


Europäische Energie- und CO2-Steuer nicht so schnell in Sicht

Die Einführung einer kombinierten Energie- und Kohlendioxid-Steuer, wie sie von den EG-Kommissaren Ripa di Meana (Umwelt) und Cardoso e Cunha (Energie) befürwortet wird, stößt bei zahlreichen EG-Staaten auf Widerstände. Sie hat deshalb in der jetzigen Form kaum Chancen, verwirklicht zu werden. Dies ergibt sich aus den Positionspapieren, mit denen die Umwelt- und Energieminister der 12 Mitgliedsstaaten am 13.12. zu einer gemeinsamen Sitzung in Brüssel anreisten. Grundsätzlich positiv wird das Konzept nur von Dänemark, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien beurteilt. Frankreich will jedoch als führender Betreiber von Kernkraftwerken nur einer CO2-Abgabe zustimmen. Besonders umstritten ist die geplante Sonderbehandlung von energieintensiven Industriezweigen zwecks Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen. Sechs Regierungen, darunter Bonn, befürworten eine Streichung dieser Passage. Die in Brüssel zusammengekommenen Minister beschlossen mehrheitlich, wie vorgesehen, die EG-Kommission mit der Formulierung konkreter Richtlinien-Vorschläge zu beauftragen.

Auf Fragen von Journalisten, ob die Bundesregierung im Falle des Scheiterns einer europäischen Lösung erneut einen nationalen Alleingang ins Auge fassen würde, meinte Bundeswirtschaftsminister Möllemann, daß die Chancen für eine EG-weite Lösung nicht so schlecht seien, wenn auch um Einzelpositionen gerungen werde (Handelsblatt, 13.12.; dpa, 13.12.; siehe auch 910715 u. 911009).

Für das Handelsblatt (16.12.) stellte sich nach dieser Sitzung die Frage, ob "da nicht ein unliebsames Thema nach Brüssel oder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag abgewälzt" werde. "Bundeswirtschaftsminister Möllemann setzt auf Europa ... Daß die Gemeinschaft über kurz oder lang bei ihren mittlerweile ein gutes Jahr andauernden Bemühungen vorankommt, sich auf eine wie auch immer geartete Klimasteuer zu verständigen, kann aber auch Möllemann nicht ernsthaft glauben."

Die Tageszeitung (14.12.) meinte: "Besonders bitter ist dieses Scheitern für Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU). ... Damit ist die europäische Energiesteuer zwar noch nicht vom Tisch, ihre Einführung verschiebt sich aber zeitlich soweit nach hinten, daß sie als Argument, um auch Amerikaner und Drittweltländer zu Anstrengungen in der Klimapolitik zu bewegen, quasi wertlos geworden ist. ... Völlig unklar ist nach der Pleite von Brüssel, wie die Bundesregierung ihr gesetztes Ziel einer CO2-Einsparung von 25 Prozent bis 2005 nun erreichen will."