September 1994 |
940902 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat erneut über Verzögerungen und ungerechtfertigte Ablehnungen beim Genehmigungsverfahren für die Zulassung von Stadtwerken in den neuen Bundesländern geklagt. Auf einer Pressekonferenz am 13.9. in Berlin kritisierte VKU-Hauptgeschäftsführer Felix Zimmermann, daß bislang von 147 Kommunen, die ihre Stromversorgung in eigene Regie übernehmen möchten, erst 82 einen positiven Bescheid erhalten haben. Einzelne Landesregierungen würden die Anträge nur schleppend bearbeiten und eine Genehmigung oft mit rechtswidrigen Auflagen verbinden. Bei dieser Haltung der Landesregerungen spiele offenbar eine Rolle, daß sie durch die Gründung von Stadtwerken und die Errichtung kommunaler Kraftwerke auf Erdgasbasis die Verstromung der ostdeutschen Braunkohle gefährdet sehen.
"Man will hier wohl strukturpolitische Vorstellungen mit Hilfe des Energiewirtschaftsgesetzes durchsetzen", meinte Zimmermann, wobei er besonders auf die in Mecklenburg-Vorpommern ausgesprochenen Ablehnungen abhob. Hinzu kämen "Blockadepolitik und unkooperatives Verhalten" seitens einzelner Regional- bzw. Verbundunternehmen. Eine Ausnahme bilde Thüringen, wo sich die Landesregierung wie auch das Bayernwerk recht kooperativ verhalten hätten.
Nach erteilter Genehmigung würden sich oft weitere Schwierigkeiten bei der Vermögensübertragung zwischen Stadtwerken und Regionalversorgern ergeben. So weigerten sich die Regionalversorger in der Regel, den Stadtwerken Teile des 110 kV-Netzes zu überlassen, auch wenn diese Netzteile überwiegend der örtlichen Versorgung dienen. Nicht gerade auf offene Ohren stießen die Kommunen auch mit ihrer Forderung nach einem Ausgleich für das wirtschaftliche Ergebnis, das die Regionalversorger mit dem örtlichen Versorgungsvermögen seit Anfang 1991 erzielt haben.
Die im Stromvergleich getroffene Vereinbarung, wonach die Stadtwerke insgesamt 70 % ihres Strombedarfs von den Regionalversorgern beziehen sollen, ist nach den Worten Zimmermanns nicht so zu verstehen, daß sich die Stadtwerke im Gebiet eines Regionalversorgers oder gar innerhalb ihres eigenen Gebiets auf höchstens 30 % Eigenstromerzeugung zu beschränken haben. Die Regelung beziehe sich vielmehr auf das Gebiet der fünf neuen Bundesländer insgesamt. Dennoch werde von Regionalversorgern versucht, solche falschen Auslegungen in den Stromlieferverträgen mit den Stadtwerken festzuschreiben.
Nach Angaben des VKU genehmigte Brandenburg bisher 9 von 34 Anträgen, Mecklenburg-Vorpommern 7 von 20, Sachsen 27 von 39, Sachsen-Anhalt 16 von 25 und Thüringen 23 von 29. Von den insgesamt 8 Ablehnungen entfallen 7 auf Mecklenburg-Vorpommern und eine auf Sachsen. Der Rest von insgesamt 57 Anträgen ist noch offen (FAZ, 14.9.: SZ, 14.9.; Handelsblatt, 14.9.; siehe auch 940703, 930306 u. 940204),
Das Handelsblatt (1.9.) hält es für
möglich, daß die Kommunen am Ende bis zur Hälfte
der gesamten Grundlastversorgung im Bereich der VEAG bestreiten
werden. Die im Stromvergleich vereinbarte Beschränkung auf
30 Prozent sei lediglich eine "pauschale Zusage" und
"unverbindliche Absichtserklärung". Allerdings
sei die kommunale Stromerzeugung auf Erdgasbasis nicht ohne Risiko,
wie die Erfahrung der siebziger Jahre zeige: Damals seien Kraftwerke
auf Erdgasbasis kurzfristig unwirtschaftlich geworden, als sich
mit dem Öl auch das Gas verteuerte. "Angesichts der
nach wie vor euphorischen Absatzerwartungen für das CO2-arme
Erdgas darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß die
Produzenten gleichfalls diese günstigen Perspektiven kennen
und auch Erlösspielräume ausreizen würden."