November 1994 |
941114 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Vorschlag einer ökologischen Steuerreform (940605 u. 940812) wird weiterhin lebhaft diskutiert. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat dazu eine Broschüre mit dem Titel "Umsteuern durch Ökosteuern?" herausgegeben, die den Vorschlag als "finanzwirtschaftlich unsolide und steuerpolitisch verfehlt" zurückweist. Bei der Vorstellung der Broschüre am 21.11. in Bonn wollte BDI-Präsident Tyll Necker die Argumentation seines Verbandes jedoch nicht als generelle Ablehnung einer ökologischen Steuerreform verstanden wissen. In einem Verband wie dem BDI, unter dessen Mitgliedern potentielle Gewinner und Verlierer einer Öko-Steuer wären, könne die Meinungsbildung nicht einheitlich sein (FAZ, 22.11.; FR, 22.11.).
Nach Ansicht der Frankfurter Rundschau (22.11.) rückte Necker damit deutlich von der kompromißlosen Zurückweisung einer Öko-Steuer ab, wie sie noch in der Broschüre zum Ausdruck komme. Die BDI Spitze wolle sich "offenbar nicht darauf verlassen, daß das Thema ohne ihre Mitwirkung seinen Lauf nimmt, und springt deshalb nun auf den abfahrenden Zug".
Die Süddeutsche Zeitung (23.11.) findet es "nicht so recht verständlich, warum man in der Wirtschaft nicht die Chancen sieht, die in einem solchen Prozeß stecken". Schließlich entfalle auf die Industrie nur der kleinere Teil des Energieverbrauchs, der Löwenanteil aber auf die privaten Haushalte. Durch Rückführung der Lohnnebenkosten könne die Industrie etwa doppelt so stark entlastet werden wie sie durch die Energieverteuerung belastet würde. "Das alles sollte man unvoreingenommen prüfen, ehe man aus Berührungsangst alles beim alten läßt."
Eine stufenweise steigende Energiesteuer
könne nicht nur die Umweltbelastungen senken, sondern auch
die Sozialbeiträge verringern und damit Anreize für
den Arbeitsmarkt schaffen. Dies ist die Hauptaussage eines Memorandums,
mit dem sich am 9.11. in Bonn der neue Förderverein Ökologische
Steuerreform (FÖS) vorgestellt hat. Prominenteste Mitglieder
sind der Leiter des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt
und Energie, Ernst Ulrich von Weizsäcker, sowie die Unternehmensberater
Henner Ehringhaus und Anselm Görres. Nach Weizsäckers
Worten zielt der technologische Fortschritt in die falsche Richtung,
wenn er nur die Produktivität der einzelnen Arbeitskraft
erhöht. Dies führe zu Massenarbeitslosigkeit in Verbindung
mit Zerstörung der Umwelt. Stattdessen müsse die Produktivität
des Wirtschaftens insgesamt durch effizientere Nutzung von Rohstoffen
und Energie erhöht werden (SZ, 10.11.; FR, 10.11.; Zeit,
11.11.).