September 1999 |
990911 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Spitzenverbände der Stromwirtschaft und ihrer Großabnehmer verständigten sich am 28.9. auf die Eckpunkte der neuen Verbändevereinbarung zur Durchleitung, welche die auslaufende erste Vereinbarung (970801 u. 980404) ablösen und vereinfachen soll. Das Papier wurde gemeinsam erarbeitet vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) sowie der Deutschen Verbundgesellschaft (DVG), der Arbeitsgemeinschaft Regionaler Energieversorgungsunternehmen (ARE) und dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die Vereinbarung soll zum 1. Januar 2000 in Kraft treten und eine Laufzeit von zwei Jahren haben. Bislang wurden die Eckpunkte aber nur paraphiert. Eine verbindliche Vereinbarung steht noch aus.
Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) kündigte an, die Vereinbarung sowohl unter energiewirtschaftlichen als auch unter ökolologischen Aspekten gutachterlich prüfen zu lassen. Seinem ersten Eindruck zufolge ermögliche aber die neue Vereinbarung "einen fairen und effektiven Netzzugang für alle Kunden". Auf eine staatliche Regulierung der Durchleitung, wie sie in letzter Zeit verschiedentlich gefordert wurde (990808), könne damit weiterhin verzichtet werden (VWD, 29.9.).
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zeigte sich befriedigt darüber, dass er wesentliche Forderungen der kommunalen Unternehmen durchgesetzt habe. Der VKU war nach Beginn der Verhandlungen (990214) auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin zu den Beratungen hinzugezogen worden (990416). Der VKU erwarte vom Schlusspapier allerdings noch eine Klarstellung, die gewährleistet, dass die dezentrale Stromerzeugung nicht schlechter gestellt werde als heute. Laut VKU-Präsident Gerhard Widder kann die neue Verbändevereinbarung außerdem erst dann in Kraft treten, wenn die derzeit noch strittige Frage der Lastprofile (990809) endgültig geregelt worden sei.
Die neue Vereinbarung sieht eine wesentliche Vereinfachung des Durchleitungsverfahrens vor. Während bisher jeder Durchleitungsfall individuell berechnet werden musste, zahlen die Nutzer des Stromnetzes künftig nur noch eine jährliche pauschale Anschlussgebühr, deren Höhe von der Spannungsebene abhängt, auf der sich der Nutzer beim Netzbetreiber einklinkt. Außerdem entfällt der entfernungsabhängige Zuschlag in der bisherigen Form. Statt dessen wird der deutsche Strommarkt in zwei Handelszonen eingeteilt: Wenn ein Stromhändler beide Zonen in Anspruch nimmt, muss er für den Saldo der ausgetauschten Energiemengen ein Transportentgelt von 0,25 Pfennig pro Kilowattstunde zahlen. Analoge Entgelte sollen beim grenzüberschreitenden Handel erhoben werden, wobei gegenläufige Lieferungen ebenfalls aufgerechnet werden können.
Zur Handelszone Nord würden die Arbeitsbereiche von Veag, PreussenElektra, VEW Energie, HEW und Bewag gehören; zur Handelszone Süd die Arbeitsbereiche von EnBW, RWE Energie und Bayernwerk. PreussenElektra und Bayernwerk hätten somit nach vollzogener Fusion von Veba und Viag ein zusammenhängendes Versorgungsgebiet, das sich über beide Handelszonen erstreckt. Vor diesem Hintergrund kündigten die beiden Unternehmen am 28.9. an, dass sie - unabhängig von der letztendlichen Fassung der Verbändevereinbarung - die Tarife für die Durchleitung von Fremdstrom durch das zukünftige gemeinsame Versorgungsgebiet grundsätzlich entfernungsunabhängig gestalten wollen. Man werde allen Kunden anbieten, Strombezugsverträge in Netzanschlussverträge und Stromlieferverträge aufzuspalten, sodass jeder Kunde problemlos einen Stromliefervertrag auch mit einem anderen Unternehmen abschließen könne. Außerdem werde man beim Lieferantenwechsel von Tarifkunden synthetische Lastprofile anbieten, die einen Zählerwechsel entbehrlich machen.