Januar 2004 |
040110 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bis zum Jahr 2020 müssen in Deutschland neue Kraftwerke mit einer Leistung von 40.000 bis 50.000 MW gebaut werden, um veraltete Kraftwerke zu ersetzen und den Ausstieg aus der Kernenergie zu kompensieren. Zu diesem Schluß gelangt eine Studie des "bremer energie instituts", die im Auftrag der stromwirtschaftlichen Verbände VDEW, VKU, VRE, AGFW, VDN und VGB erstellt und am 15. Januar in Berlin präsentiert wurde. VDEW-Präsident Werner Brinker bezifferte die dafür notwendigen Investitionen mit 30 bis 40 Milliarden Euro. Er mahnte gegenüber der Politik "Planungssicherheit" und ein "energiepolitisches Gesamtkonzept" an. Eine hohe Versorgungssicherheit sei "nicht zum Nulltarif zu bekommen".
Laut Brinker erwarten die deutschen Stromversorger langfristig einen leichten Zuwachs beim Strombedarf, der jedoch unter jährlich 0,5 Prozent betrage, während die EU-Kommission für die Länder der Gemeinschaft insgesamt mit einem Zuwachs von jährlich 1,5 Prozent rechne. Die Auslastung der Kraftwerkskapazitäten sei im Winter 2002/2003 mit 92 Prozent nochmals um ein Prozent höher als im Vorjahr gewesen. Der starke Zuwachs an Windkraftanlagen habe nicht zu einer entsprechenden Entlastung des Kraftwerkparks geführt, sondern den Bedarf an Reservekapazitäten vermehrt, da je Megawatt Windkraftleistung etwa 0,85 MW Reservekapazität aus konventionellen Kraftwerken bereitstehen müßten. Hinzu seien die Einspeisungen aus Windkraftanlagen vielfach schlecht in die bestehenden Netzstrukturen zu integrieren.
Prof. Wolfgang Pfaffenberger, Leiter des "bremer energie instituts", interpretierte den starken Strompreisanstieg als notwendige Folge von Marktmechanismen, denen nicht durch regulierende Eingriffe entgegengewirkt werden dürfe. Wörtlich sagte Pfaffenberger: "Während zu Beginn der Liberalisierung des Strommarktes die Ansicht vorherrschte, ihr Erfolg sei an sinkenden Strompreisen zu messen, ist es nun erforderlich, daß am Großhandelsmarkt für Strompreise Erhöhungen durchsetzbar sind, damit auch die Kosten für neu zu bauende Kraftwerke am Markt erlöst werden können. Dies setzt allerdings voraus, daß die Politik diesen Prozeß versteht und ihn nicht etwa durch regulierende Eingriffe in de Preisbildung außer Kraft setzt."
Eine wichtige Rahmenbedingung ist nach Ansicht des Instituts ferner, daß die politisch gewünschte Steigerung des Anteils erneuerbarer Energieträger an der Stromerzeugung in Deutschland vorwiegend nach Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ausgerichtet wird und auf längere Sicht subventionsfrei erfolgt. Das Risiko der unsteten Einspeisung - zum Beispiel bei Windkraftanlagen - müsse längerfristig von den Einspeisern getragen werden.