Juli 2007 |
070702 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der lybische Diktator Gaddafi unterzeichneten am 26. Juli ein Abkommen über nukleare Zusammenarbeit, dessen Text vorläufig geheim bleibt. Bekannt wurde lediglich, daß es den Bau eines Kernkraftwerks in der Nähe der lybischen Hauptstadt Tripolis vorsieht. Angeblich braucht Lybien das Kernkraftwerk, um Meerwasser zu entsalzen und so in Trinkwasser umzuwandeln. Es gibt allerdings auch Befürchtungen, daß Lybien weiterhin Atomwaffen anstrebt und die von Frankreich gelieferte nukleare Technologie für diesen Zweck verwenden könnte.
Sarkozy hatte seinen Schritt nicht mit den EU-Partnern abgestimmt. Die vorangegangenen und damit zusammenhängenden Verhandlungen um die Freilassung von fünf bulgarischen Krankenschwestern und einem Arzt, die seit Jahren willkürlich in Lybien eingesperrt und mißhandelt wurden, hatte er ebenfalls ohne Rücksicht auf die beteiligten EU-Partner für seine Selbstdarstellung benutzt. In Deutschland wurde Sarkozys Verhalten von Vertretern aller Parteien mißbilligt. Der Protest blieb jedoch unterhalb der Regierungsebene.
Sarkozy rechtfertigte die Überlassung nuklearer Technologie an Lybien mit den Worten: "Wer zu sagen wagt, daß die zivile Nutzung der Atomkraft dem nördlichen Ufer des Mittelmeers vorbehalten bleibt und daß die arabische Welt nicht verantwortungsbewußt genug dafür ist, der demütigt sie und bereitet einen Krieg der Zivilisationen vor." Lybien habe sein früher verfolgtes Atomwaffenprogramm seit 2003 aufgegeben.
Der Reaktor wird vom französischen Nuklearkonzern Areva errichtet, an dem auch Siemens beteiligt ist (070703). Zur Vorbereitung des Reaktorbaues reiste im Juli eine Delegation aus Mitarbeitern der Areva und des staatlichen Kommissariats für Atomenergie (CEA) nach Lybien. (FAZ, 27.7.)
Nordkorea hat seinen Atomreaktor in Yongbyon und vier weitere bekannte Atomanlagen stillgelegt. Dies bestätigte am 18. Juli die Internationale Atomenergiebehörde. Mit einiger Verspätung erfüllte das Land damit die Zusagen, die es im Februar gegenüber den USA, Rußland, China, Japan und Südkorea gemacht hatte (070216). Die USA haben ihrerseits mit den Öllieferungen begonnen, die als Gegenleistung vereinbart wurden. (FAZ, 16.7.; SZ, 19.7.)
Der Iran mißachtet weiter die Aufforderung des UN-Sicherheitsrats und setzt die Urananreicherung fort (060413). Im April teilte er mit, daß in Natans derzeit 3000 Zentrifugen in Betrieb seien. Nach Ansicht von Fachleuten wäre das Land damit in der Lage, etwa ein oder zwei Atombomben im Jahr herzustellen. Die Internationalen Atomenergiebehörde IAEA geht von etwa 1300 Zentrifugen aus, die bisher errichtet wurden. Offiziell dient das iranische Atomprogramm lediglich der Herstellung von Brennstäben für die Stromerzeugung.
Die IAEA warf dem Iran vor, ihren Inspekteuren den Zutritt zu dem in Bau befindlichen Schwerwasser-Reaktor bei Arak zu verwehren und damit gegen die Sicherheitsvereinbarungen zu verstoßen. Im Juli einigten sich beide Seiten auf einen weiteren Stufenplan zur Überprüfung des iranischen Atomprogramms, der auch die Inspektion des Reaktors bei Arak umfaßt. (FAZ, 11.4.; SZ, 20.4. u. 25.6.; FAZ, 25.7.)
Der Iran will den Bau von zwei weiteren Kernkraftwerken ausschreiben. Dies teilte ein Vertreter der iranischen Atombehörde am 15. April mit. Auch europäische Anbieter hätten bereits ihr Interesse signalisiert. Die Reaktoren sollen in Buschir gebaut werden, wo derzeit mit russischer Hilfe ein einst von Siemens begonnenes Kernkraftwerk vollendet wird (950115) (. (SZ, 16.4.)
Die brasilianische Regierung hat entschieden, den vor 13 Jahren gestoppten Bau
des Kernkraftwerks Angra III (930112) nun doch zu vollenden.
Ferner kündigte Präsident Lula den Bau eines atomgetriebenen U-Boots an.
Insgesamt will die Regierung 500 Millionen Dollar für ein Atomprogramm zur Verfügung
stellen. Brasilien weckt damit erneut Befürchtungen, die Kernenergie auch für
militärische Zwecke zu verwenden zu wollen, wie dies unter der bis 1985 andauernden
Militärdiktatur der Fall war. (FAZ, 25.7.)