Februar 2007 |
070216 |
ENERGIE-CHRONIK |
Nordkorea wird binnen 60 Tagen seinen Fünf-Megawatt-Reaktor und andere Nuklearanlagen in Yongbyon "für den Zweck der eventuellen Aufgabe schließen und versiegeln". Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) erhalten wieder Zutritt zu den Anlagen. Dies sieht ein Abkommen mit den USA, Rußland, China, Japan und Südkorea vor, das am 13. Februar unterzeichnet wurde. Als Gegenleistung beginnen die USA mit der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen und mit der Streichung des Landes von der Liste der Staaten, die den Terrorismus fördern. Außerdem erhält das Land 50.000 Tonnen Rohöl. (SZ, 14.2.)
In seiner Vagheit und Unverbindlichkeit ähnelt das neue Abkommen stark den früheren Vereinbarungen, die Nordkorea bisher immer gebrochen hat. Allerdings zielen die fortdauernden Verhandlungen jetzt auf die vollständige Denuklearisierung des Landes, während es früher um die Beschränkung auf die friedliche Nutzung der Kernenergie ging und dafür sogar die Lieferung von Leichtwasserreaktoren zugesagt wurde.
Das Regime in Pjöngjang hat bisher immer auf einer zumindest friedlichen Nutzung der Kernenergie bestanden, faktisch aber sein Nuklearprogramm hauptsächlich unter militärischen Gesichtspunkten vorangetrieben. Auch mit dem jetzigen Abkommen hat es sich nicht verpflichtet, sämtliche seiner Nuklearanlagen stillzulegen oder auch nur zu deklarieren. Zudem könnte es die stillgelegten Anlagen in Yongbyon jederzeit wieder in Betrieb nehmen. Offenbar hat es bei den seit Jahren festgefahrenen Nuklearverhandlungen vor allem deshalb eingelenkt, um seine internationale Isolierung aufzubrechen, die sich nach den ersten Raketen- und Atombombentests verschärft hat.
Nordkorea hatte in den achtziger Jahren mit der Entwicklung eines eigenen Atomwaffenprogramms
begonnen, war dann aber 1985 unter diplomatischem Druck aus West und Ost dem Atomwaffensperrvertrag
beigetreten. 1993 kündigte das Regime an, den Sperrvertrag nicht mehr einhalten
zu wollen (930310) und ließ im Atomzentrum Yongbyon
die von der Internationalen Atomenergiebehörde angebrachten Siegel aufbrechen
(940510). In dem daraufhin zustande gekommenen Vertrag mit
den USA verpflichtete sich das Land dann aber doch, seine Plutoniumwirtschaft schrittweise
abzubauen und den Atomwaffensperrvertrag einzuhalten. Die USA erklärten sich
im Gegenzug bereit, bis zum Jahr 2003 zwei Leichtwasserreaktoren zu liefern und bis
zu deren Fertigstellung mit ÖL-Lieferungen auszuhelfen (941016).
Unter Georg W. Bush stoppte die USA aber Ende 2002 den Bau der Anlagen, weil Pjöngjang
sich nicht an die Vereinbarungen hielt und sein Atomwaffenprogramm fortsetzte (021014).
Nordkorea erklärte daraufhin im Januar 2003 seinen sofortigen Austritt aus dem
Atomwaffensperrvertrag, verzichtete aber im September 2005 nach mehreren Verhandlungsrunden
mit China, Japan, Rußland und den USA (050812) "vorläufig"
auf Atomwaffen und andere Nuklearprogramme, wofür ihm Energielieferungen und
andere Wirtschaftshilfen in Aussicht gestellt wurden (060115).
Ungeachtet dieser Zusage betrieb das Land sein Atomwaffenprogramm weiter und testete
am 5. Juli 2006 sechs Kurz- und Mittelstreckenraketen. Am 9. Oktober 2006 führte
das Regime einen ersten, unterirdischen Test mit einer Bombe durch, deren Sprengkraft
auf 550 Tonnen TNT geschätzt wurde.