Mai 2008 |
080501 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der starke Anstieg der Ölpreise schlägt nun mit einigen Monaten Verzögerung erneut auf die Gaspreise durch. Nach Angaben des Branchendienstleisters Verivox erhöhen allein im Zeitraum von Mai bis Juli 156 Grundversorger ihre Gaspreise um durchschnittlich 7,8 Prozent (siehe Tabelle). Laut "Spiegel" (26.5.) plant der E.ON-Konzern in diesem Jahr sogar Preiserhöhungen um bis zu 25 Prozent, die er mit den gestiegenen Ölpreisen begründen will. "Das ist deutlich zu hoch", erklärte dazu der Vorstandsvorsitzende von E.ON-Ruhrgas, Bernhard Reutersberg, am 27. Mai auf der Jahrespressekonferenz seines Unternehmens. Die Erhöhung werde sich aber zumindest "im unteren zweistelligen Prozentbereich" bewegen.
Die willkürliche Koppelung der Gas- an die Ölpreise rückt damit noch stärker ins Visier der Kritik, als dies schon bisher der Fall war (000902). Allein im vergangenen Jahr stiegen die Ölpreise um 57 Prozent und durchbrachen Anfang 2008 die Rekordmarke von 100 US-Dollar pro Barrel. Inzwischen stiegen sie noch weiter und pendelten sich Ende Mai 2008 bei über 130 Dollar ein. Falls sie sich auf diesem Niveau stabilisieren würden, käme auf die Verbraucher in Kürze eine weitere Welle von Gaspreiserhöhungen zu.
Mit den Rohölpreisen kletterte der Preis für Heizöl in Deutschland auf einen neuen Rekordstand von durchschnittlich 94 Euro für 100 Liter. Der Preis für Diesel-Kraftstoff überschritt im bundesweiten Durchschnitt 1,52 Euro je Liter, zog mit dem Benzinpreis gleich und übertraf ihn teilweise sogar.
Der Ölpreisanstieg ist weniger auf Knappheit als auf Spekulationen am Rohölmarkt zurückzuführen. Den Nutzen haben in jedem Fall die Öl-Förderländer sowie Gaslieferanten wie die russische Gazprom, die wegen der willkürlichen Koppelung von Gas- und Ölpreisen zusätzliche Milliarden an "Windfall-Profits" einstreichen können. Da die Preise für Diesel und Benzin zu zwei Dritteln aus staatlichen Belastungen bestehen, profitiert auch der Fiskus unverhältnismäßig von dem enormen Preisanstieg an den Tankstellen.
Der Ölpreisanstieg hätte die europäischen Verbraucher noch härter getroffen, wenn der US-Dollar als "Ölwährung" nicht weiterhin so schwach wäre. In US-Dollar haben sich die Rohölpreise seit 2004 auf das 4,4-fache erhöht, in Euro dagegen "nur" um das 3,8-fache. Am 27. Mai war ein Dollar nur noch 0,6331 Euro wert.
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) erklärte, das Bundeskartellamt werde sehr genau darauf achten, ob die Gasversorger tatsächlich nur die durch die Ölpreisbindung bedingte Verteuerung weitergeben. Die Bundesregierung dürfte auf diese Weise aber kaum die Verbraucher beschwichtigen können, die sich sowohl an der Tankstelle wie auch als Wärmekunden in beispielloser Weise ausgenommen fühlen. Das Bundeskartellamt ließ verlauten, daß es derzeit keinen Grund sehe, weitere Verfahren einzuleiten. Neue Preisanhebungen flössen in die derzeit laufenden 35 Verfahren (080304) ein, deren Prüfung sich vermutlich noch bis Ende 2008 hinziehen werde.