Juni 2009

090610

ENERGIE-CHRONIK


Ungarn entschädigt E.ON für entgangene Gas-Gewinne

Wie die ungarische Agentur MTI am 10. Juni berichtete, erhält E.ON Hungary vom Staat eine hohe Entschädigung für Verluste, die sich aus der Differenz zwischen dem Gas-Importpreis und dem staatlich festgesetzten Verbraucherpreis ergeben. Bis Ende des Jahres 2010 werde die ungarische E.ON-Tochter umgerechnet rund 215 Millionen Euro erhalten. Energieminister Peter Honig und E.ON-Vorstand Johannes Teyssen hätten eine entsprechende Vereinbarung getroffen.

Die heute zum E.ON-Konzern gehörende Ruhrgas war 1995 wie andere deutsche Konzerne in die ungarische Energiewirtschaft eingestiegen (951202). Es zeigte sich indessen bald, daß die ungarische Regierung zu hohe Renditen versprochen hatte, weil die dafür notwendigen Energiepreise politisch nicht durchsetzbar waren (961214). Auch beim Strom beklagten sich die Konzerne über drastische Gewinneinbußen, die ihnen durch die staatliche Begrenzung der Verbraucherpreise entstünden (010109). In Ungarn kaufen Staatsunternehmen alles importierte Erdgas und jeden produzierten Strom auf. Die Weitergabe an die Verteiler erfolgt beim Strom nach einer Energieauktion und beim Gas über langfristige Verträge.

"Profitmaximierung auf Kosten der normalen Bürger"

Rechtlich stützt sich die jetzt vereinbarte Entschädigungszahlung anscheinend auf Regreßansprüche, die E.ON Hungary gegen den staatlichen Gasimporteur MVM erhoben hat, weil dieser im Januar wegen des Ausbleibens der russischen Gastransite durch die Ukraine (090101) nicht liefern konnte. Wie die deutschsprachige Online-Zeitung "Pester Lloyd" am 10. Juni berichtete, soll E.ON sogar 390 Millionen Euro verlangt haben. Um diese Summe nicht vollständig aus dem ohnehin defizitären Staatshaushalt bezahlen zu müssen, sei bei dem Treffen zwischen Honig und Teyssen am 9. Juni in Budapest, an dem auch Ministerpräsident Gordo Bajnai teilnahm, zusätzlich vereinbart worden, E.ON auch am staatlichen Systembetreiber Mavir (eine MVM-Tochter) sowie am neuen Block des Atomkraftwerks in Paks beteiligen.

"Eigentlich war dieses Modell dazu gedacht, die Margen und Verteilungspolitik der Konzerne zu kontrollieren", kommentierte der "Pester Lloyd" – der ebenfalls von der schweren Wirtschaftskrise in Ungarn betroffen ist und deshalb bis auf weiteres nur online erscheint – die üppige Entschädigungszahlung des überschuldeten Staates an E.ON. "In Wirklichkeit garantiert es die Profitmaximierung auf Kosten der normalen Bürger, die entweder über die hohen Energiekosten oder über die Steuern die Zeche zahlen. In der Realwirtschaft müßte sich E.ON selbst mit dem ukrainischen Transitunternehmen auseinandersetzen und trüge auch die Kosten und Risiken. Dann hätte es Investitionen wie Nabucco oder ähnliches, die Lieferungen ohne Russland oder die Ukraine ermöglichen, vermutlich schon viel früher gegeben."