März 2014

140307

ENERGIE-CHRONIK


RWE zwingt Rösrath zur Neuausschreibung der Strom-Konzession

Die Stadt Rösrath bei Köln muß die Konzession für das örtliche Stromnetz, die sie den eigenen Stadtwerken übertragen wollte (131014), neu ausschreiben. Der bisherige Konzessionsinhaber RWE hält nämlich das Ausschreibungsverfahren, das der Entscheidung des Gemeinderats vorausging, teilweise für fehlerhaft und hat es erfolgreich per einstweiliger Verfügung angefochten.

Bei der Neuausschreibung wird die Stadt insbesondere die beiden Urteile des Bundesgerichtshofs vom Dezember 2013 zu beachten haben, die den Handlungsspielraum zur Rekommunalisierung der Stromversorgung stark einschränken (131208). Demnach dürfen die Kriterien für die Neuvergabe von Konzessionen nicht einseitig zugunsten einer kommunalen Beteiligung an der Netzgesellschaft gestaltet werden. Vielmehr müssen die Gemeinden bei der Vergabeentscheidung "in erster Linie das Niveau der erreichbaren Netzentgelte sowie die Effizienz des Bewerbers und daneben Qualitätskriterien wie Umweltverträglichkeit oder die Sicherung eines störungsfreien Netzbetriebs" berücksichtigen. Erst in zweiter Linie dürfen auch eigene "fiskalische Interessen" eine Rolle spielen.


"Das können die Väter des Grundgesetzes nicht gewollt haben", erklärte Bürgermeister Ulrich Hardtke unmittelbar nach dem enttäuschenden Urteil, mit dem der Bundesgerichtshof die Klage der schleswig-holsteinischen Gemeinden gegen E.ON auf Übergabe der örtlichen Stromnetze abwies. "Die Hürden, die uns hier rechtlich auferlegt werden, sind durch eine Gemeinde wie Labenz - meine Gemeinde – ansatzweise nicht zu nehmen."
(aus der ZDF-Sendung "zoom" am 27.3.14)

Die Stadt Rösrath hatte im November 2012 ihre bestehenden Stadtwerke durch die Gründung einer Energieversorgungstocher erweitert, an der die Stadtwerke Rösrath zu 51 Prozent und die Stadtwerke Aachen (Stawag) als Kooperationspartner zu 49 Prozent beteiligt sind. Erklärtes Ziel war dabei, die Gewinne des Versorgungsbetriebes mit dauerhaft defizitären Bereichen der kommunalen Dienstleistungen wie dem Bäderbetrieb in möglichst großem Umfang steuerlich zu verrechnen.

Kritik an der Untergrabung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung

Am 27. März befaßte sich die ZDF-Sendung "zoom" kritisch mit den Hindernissen, die es vor allem kleineren Gemeinden überaus schwer machen, ihre Energieversorgung in eigene Regie zu nehmen, um mit den daraus resultierenden Gewinnen defizitäre Bereiche der kommunalen Dienstleistungen zu finanzieren. Am Beispiel des E.ON-Streits mit den schleswig-holsteinischen Gemeinden wurde gezeigt, wie Bundesgerichtshof und Bundeskartellamt die derzeitige Gesetzgebung zum Nachteil der Gemeinden auslegen. Das in Artikel 28 des Grundgesetzes garantierte Recht der Kommunen, "alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln", wird auf diese Weise zugunsten einer neoliberalen Sichtweise untergraben, welche die Übertragung kommunaler Dienstleistungen an private Unternehmen unterstützt. Schon die Prozeßkosten, die bei einer juristischen Auseinandersetzung mit den Energiekonzernen anfallen, bedeuten für kleine Gemeinden eine erhebliche Belastung. Zum Beispiel kostete es die Stadt Heiligenhafen 200.000 Euro, den Streit mit E.ON bis vor den Bundesgerichtshof zu bringen. Nachdem sie auch dort unterlegen ist, muß sie noch zusätzlich die Kosten dieses Rechtszuges tragen. Dennoch will Heiligenhafen nicht aufgeben und den Streit jetzt vor das Bundesverfassungsgericht bringen.

Als Lichtblick wurde in der Sendung erwähnt, daß die Bundesregierung hier gegensteuern möchte. Die im November getroffene Koalitionsvereinbarung sieht unter dem Punkt Netze vor, das Bewertungsverfahren bei der Rekommunalisierung von Verteilernetzen "eindeutig und rechtssicher" zu regeln sowie die Rechtssicherheit bei der Übertragung der Netze zu verbessern. Bisher läßt sich allerdings noch nicht absehen, wann und in welcher Weise diese Vereinbarung umgesetzt wird.

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