Januar 2016

160112

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Ausgerechnet das alte Steinkohle-Kraftwerk Datteln würde als einziges deutsches Kohlekraftwerk den strengen Vorschriften für Quecksilber-Emissionen genügen, wie sie neuerdings in den USA gelten. Dabei wurde E.ON schon 2012 gerichtlich auferlegt, die drei Blöcke stillzulegen, weil sie nicht mehr den Anforderungen an die Rauchgasreinigung genügten (120314). Bei dieser Beanstandung ging es freilich um Staub, Stickoxide, Schwefeldioxid und andere Emissionen. Für Quecksilber erlaubte auch die verschärfte Großfeuerungsanlagenverordnung (040706) einen großzügig bemessenen Tagesmittelwert von 30 Mikrogramm pro Kubikmeter.

Die alten Blöcke in Datteln bekamen dann noch eine Gnadenfrist, weil sonst die Versorgung mit Fernwärme und Bahnstrom gefährdet gewesen wäre (121107). Sie wurden erst im Februar 2014 abgeschaltet. Deshalb gelangten sie auch in die jetzt veröffentlichte Quecksilber-Studie, die auf den Emissionen von 2013 basiert. Der neue Block 4 in Datteln, der die alte Anlage ersetzen soll, aber rechtlich auf unsicherer Basis errichtet wurde (120609), ist übrigens bis heute noch nicht am Netz.

Grüne warnen vor Quecksilber aus Kohlekraftwerken

Die Grünen haben die Umsetzung des sogenannten Minamata-Übereinkommens angemahnt, mit dem 128 Staaten vor drei Jahren die Eindämmung der Quecksilber-Emissionen vereinbart haben. Noch immer würden deutsche Kohlekraftwerke Unmengen des giftigen Schwermetalls ausstoßen, heißt es in einer Studie, die im Auftrag der Bundestagsfraktion erstellt und am 3. Januar veröffentlicht wurde. Über die Nahrungskette gelange dieses Quecksilber dann auch in den Körper des Menschen. Im Unterschied zu Deutschland hätten die USA die Konvention bereits ratifiziert und strenge Grenzwerte erlassen. Falls diese US-Grenzwerte auch hierzulande übernommen würden, dürfte von den 53 meldepflichtigen deutschen Kohlekraftwerken, deren Emissionsdaten für das Jahr 2013 untersucht wurden, nur ein einziges am Netz bleiben. Die schwarz-rote Bundesregierung spiele das Problem jedoch herunter. Sie wolle die Grenzwerte für Quecksilber-Emissionen erst ab 2019 absenken – und dann nur auf Grenzwerte, die immer noch 2,5- bis 6,7-fach höher wären in den USA.

Mit den Rauchgasen entweichen jährlich sieben Tonnen Quecksilber in die Luft


Nach Angaben des Bundesumweltamtes stammen 65 Prozent der deutschen Quecksilber-Emissionen aus Kraftwerken.

Der Studie zufolge produziert Deutschland jährlich insgesamt zehn Tonnen Quecksilber-Emissionen und zählt zusammen mit Griechenland und Polen zu den Spitzenreitern bei der Freisetzung dieses giftigen Schwermetalls. Von diesen zehn Tonnen werden rund sieben Tonnen von Kraftwerken verursacht. Davon entfallen fünf Tonnen auf 53 große Kohlekraftwerke mit Leistungen über 500 MW, deren Quecksilber-Emissionen bekannt sind, weil sie jährlich mehr als zehn Kilo betragen und deshalb aufgrund einer EU-Verordnung veröffentlicht werden müssen. Von diesen fünf Tonnen kommen wiederum 3,4 Tonnen aus den 16 deutschen Braunkohlekraftwerken, während die restlichen 1,6 Tonnen von 37 Steinkohlekraftwerken emittiert werden.

Minamata-Konvention bisher von 22 Staaten ratifiziert

Die Minamata-Konvention kam am 19. Januar 2013 in der japanischen Stadt Minamata zustande und wurde am 10. Oktober 2013 auch von Deutschland unterzeichnet. Sie will den Ausstoß von Quecksilber weltweit eindämmen, um Menschen und Umwelt vor dieser gefährlichen Substanz zu schützen. So soll die Eröffnung neuer Quecksilberminen in den Vertragsstaaten verboten werden. Die Verwendung von Quecksilber in der Industrie wird erheblich eingeschränkt. Für die Lagerung und Behandlung von quecksilberhaltigen Abfällen soll es Mindeststandards geben. Die Konvention sieht außerdem einen Überwachungsmechanismus vor, der die Einhaltung der Anforderungen sichern soll.

Die Konvention enthält keine Grenzwerte oder spezielle Bestimmungen für Kraftwerke. Sie schreibt aber vor, daß die Unterzeichnerstaaten bei neuen Anlagen binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten die bestgeeigneten Techniken zur Reduzierung der Quecksilber-Emissionen einzusetzen haben. Bei bestehenden Anlagen sollen die Emissionen spätestens zehn Jahre nach dem Inkrafttreten ebenfalls reduziert werden, soweit dies machbar ist. Die Konvention tritt in Kraft, wenn sie von mindestens fünfzig Staaten ratifiziert wurde. Bisher haben das 22 Staaten getan.

Die Namensgebung der Konvention soll an die Opfer der "Minamata-Krankheit" erinnern, die in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Schlagzeilen machte, weil in Minimata Tausende von Menschen aus zunächst unbekannten Gründen schwer erkrankten oder sogar starben. Als Ursache der Massenerkrankung stellten sich Quecksilberverbindungen heraus, die ein Chemiekonzern in die Meeresbucht vor der Stadt eingeleitet hatte. Über die Anreicherung in Algen und Fischen war das Gift in den Organismus der Küstenbewohner gelangt.

 

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