Juli 2020 |
200704 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Bundesnetzagentur (BNA) hat am 13. Juli eine Marktkonsultation zur Regulierung
von Wasserstoffnetzen eingeleitet. Zugleich veröffentlichte sie eine Bestandsaufnahme
zum aktuellen Stand der Wasserstoffnutzung und ihrer rechtlichen Regelung, um
der neuerdings entstandenen politischen Diskussion eine verläßlichere
Grundlage zu bieten (siehe PDF
und Liste der Wasserstoffprojekte). Die nach sechs
Themenbereichen gegliederten Konsultationsfragen (PDF)
richten sich an bestehende und potentielle Marktakteure, Netzbetreiber, Verbraucher,
Wissenschaft und weitere interessierte Kreise. "Wir haben im Rahmen der Bestandsaufnahme
einige zentrale Fragen identifiziert und freuen uns nun auf die Rückmeldungen
des Marktes
", sagte BNA-Präsident Jochen Homann.
Wasserstoff fällt bisher nicht generell unter den Begriff Gas, wie er in § 3 Nr. 19a des Energiewirtschaftsgesetzes verstanden wird. Dort ist lediglich die Rede davon, dass in ein Gasversorgungsnetz auch elektrolytisch erzeugter Wasserstoff oder daraus gewonnenes Methan eingespeist werden darf. Außerdem erfüllt Wasserstoff nach § 3 Nr. 10c die Definition für "Biogas", wenn er oder daraus erzeugtes Methan "weit überwiegend aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne der Richtlinie 2009/28/EG stammen". Laut Gesetzesbegründung ist darunter ein EE-Anteil von mindestens 80 Prozent zu verstehen.
Wasserstoff kommt somit im Energiewirtschaftsgesetz nur als elektrolytisch erzeugter Wasserstoff vor, der dem Erdgas beigemischt werden darf. Dabei gilt für die Anerkennung als "Biogas" die Einschränkung, dass der verwendete Strom weit überwiegend aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Der mit normalem Strom-Mix erzeugte Wasserstoff genießt dagegen keine Einspeiseprivilegien. In dem Papier der Bundesnetzagentur wird er als "anthrazitfarbener" Wasserstoff bezeichnet, um ihn vom "grünen" Wasserstoff zu unterscheiden, der zu hundert Prozent aus erneuerbaren Stromquellen stammt. Unter dem Etikett "Biogas" ist Wasserstoff demnach eine Mischung aus mindestens achtzig Prozent "grünem" und zwanzig Prozent "anthrazitfarbenem" Wasserstoff. Die Einspeisung von Wasserstoff ins Erdgasnetz ist nur im einstelligen Prozentbereich möglich. In der Praxis endet sie bereits bei zwei Prozent, weil sonst der Grenzwert überschritten würde, der für die rund 900 Erdgastankstellen im Bundesgebiet vorgeschrieben ist.
Vom Energiewirtschaftsgesetz und der Regulierung nicht erfasst wird die Masse des industriellen Wasserstoff-Bedarfs, den die Bundesnetzagentur für das Jahr 2017 mit 69 Terawattstunden beziffert und der zu mehr als neunzig Prozent aus Erdgas oder anderen fossilen Energieträgern gewonnen wird. Um diesen geht es hauptsächlich bei den Plänen von Industrie und Netzbetreibern. Bisher gibt es in Deutschland kein öffentliches Wasserstoff-Netz, sondern nur private Leitungen, die aus den Bedürfnissen der Chemie- und Stahlindustrie entstanden und an drei bis vier Stellen netzartig verzweigt sind. Industrie und Netzbetreiber planen dagegen ein deutschland- und europaweites Wasserstoffnetz, das größtenteils aus der Umrüstung bereits bestehender Erdgasleitungen entstehen soll (200106). Ferner wollen sie den "grauen" Wasserstoff aus fossilen Energieträgern, der mit seinen CO2-Emissionen das Klima belastet, nach Möglichkeit durch "grünen" Wasserstoff ersetzen. An der Dominanz des grauen Wasserstoffs würde das freilich nichts ändern, zumal der industrielle Bedarf ohnehin zunimmt. Zugleich würden aber die Erzeugungskapazitäten geschmälert, die für die Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren am Mix der allgemeinen Stromversorgung zur Verfügung stehen (siehe Hintergrund, Juni 2020).