Juli 2020 |
200707 |
ENERGIE-CHRONIK |
In den zwanzig Jahren seit Inkrafttreten des ersten Erneuerbare-Energien-Gesetzes erhöhte sich der Anteil der Erneuerbaren am Bruttostromverbrauch von 6,3 auf 42,1 Prozent. Parallel dazu stieg ihr Anteil am gesamten Bruttoendenergieverbrauch auf 17,5 Prozent. |
Als Artikel 6 des Gesetzespakets zum Kohleausstieg (200701) beschloss der Bundestag am 2. Juli die Anhebung des Ausbauziels für den Anteil der Erneuerbaren Energien am deutschen Stromverbrauch in § 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Bisher galt das Ziel, den Erneuerbaren-Anteil am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45 Prozent und bis zum Jahr 2035 auf 55 bis 60 Prozent zu erhöhen. Nun werden beide Zielmarken durch die Vorgabe ersetzt, bis zum Jahr 2030 einen Anteil von 65 Prozent zu errreichen. Unverändert bleiben dagegen die zusätzlichen Zielvorgaben, diesen Anteil bis 2050 auf "mindestens 80 Prozent" zu erhöhen und den Anteil am gesamten Bruttoendenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf mindestens 18 Prozent zu steigern.
Die schwarz-rote Koalition setzt damit eine entsprechende Vereinbarung aus ihrem "Klimaschutzprogramm" um, das sie im September vorigen Jahrens vorlegte (190902). Die Novellierung erfolgte durch Artikel 6 des Kohleausstiegsgesetzes, das in weiteren Artikeln noch andere Gesetze ändert. Laut Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie handelt es sich um einen "Vorgriff auf eine umfassende, von der Bundesregierung in Vorbereitung befindliche Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Bundesbedarfsplangesetzes sowie weiterer Gesetze".
Die erhöhte Zielvorgabe bedeutet, dass der bis 2019 erreichte Erneuerbaren-Anteil von 42,1 Prozent an der Bruttostromerzeugung bis 2030 um 23 Prozentpunkte gesteigert werden müsste. Das ist weniger, als wünschenswert wäre, und auch weniger als die knapp 26 Prozentpunkte, die der Zuwachs im zurückliegenden Jahrzehnt betrug (siehe Grafik). Trotzdem klingt sie ziemlich ambitioniert, weil der Zuwachs im vergangenen Jahrzehnt hauptsächlich dem Bau von landgestützten Windkraftanlagen zu verdanken war, der seit 2018 mangels geeigneter Standorte stark rückläufig ist (siehe 200611und Hintergrund, November 2019). Hinzu will die Koalition einen erheblichen Teil der verfügbaren Erneuerbaren-Kapazitäten für die Produktion von "grünem Wasserstoff" einsetzen (siehe 200610 und Hintergrund, Juni 2020). Dies würde zwar nicht den Erneuerbaren-Anteil am gesamten Bruttostromverbrauch beeinträchtigen, aber sicher den weiteren Ausbau dieses Anteils am Mix der allgemeinen Stromversorgung behindern.
Bisher wurden die regierungsamtlichen Vorgaben für den Anteil der Erneuerbaren am deutschen Strom- und Endenergieverbrauch zumindest annähernd erreicht und zeitweilig sogar stark übertroffen. Die erste derartige Vorgabe enthielt das EEG 2004 mit der Absicht,"den Anteil Erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens zu verdoppeln" . Die Erneuerbaren waren damals mit 6,2 Prozent am Endenergieverbrauch beteiligt. Die angestrebte Verdoppelung auf 12,4 Prozent kam dann 2011 mit einem Jahr Verspätung zustande.
Das war aber auch schon das schlechteste Ergebnis. Ab dem EEG 2006 lautete die Vorgabe, "den Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2010 auf mindestens 12,5 Prozent und bis zum Jahr 2020 auf mindestens 20 Prozent zu erhöhen". Tatsächlich erreicht wurde bis 2010 ein Anteil von 17 Prozent. Für 2020 steht das Ergebnis noch nicht fest. Es wird aber über den 42,1 Prozent liegen, die schon 2019 erreicht wurden, und damit mehr als doppelt so groß sein. In beiden Fällen wurden also die politischen Vorgaben von der tatsächlichen Entwicklung übertroffen.
Das seit 2008 geltende EEG nahm sich vor, "den Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis zum Jahr 2020 auf mindestens 30 Prozent und danach kontinuierlich weiter zu erhöhen". Das war das Eineinhalbfache der bisherigen Vorgabe, blieb aber noch immer stark hinter dem tatsächlichen Ergebnis zurück, das für 2020 zu erwarten ist.
Das EEG 2012 nannte gleich vier Etappenziele für den Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch: "(1.) 35 Prozent spätestens bis zum Jahr 2020, (2.) 50 Prozent spätestens bis zum Jahr 2030, (3.) 65 Prozent spätestens bis zum Jahr 2040 und (4.) 80 Prozent spätestens bis zum Jahr 2050." Außerdem sollte der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2020 auf mindestens 18 Prozent steigen. Einigermaßen überprüfen lassen sich bisher nur die für 2020 angestrebten Anteile. Dabei fällt auf, dass zwar der Anteil am Bruttoendenergieverbrauch ziemlich genau den Vorgaben entsprechen wird, aber der Anteil am Bruttostromverbrauch erneut deutlich unterschätzt wurde.
Das EEG 2014 und das EEG 2017 setzten den angestrebten Erneuerbaren-Anteil am Endenergieverbrauch weiterhin mit 18 Prozent bis 2020 an. Beim Stromverbrauch wolllten sie bis 2025 einen Anteil von 40 bis 45 Prozent und bis 2035 von 55 bis 60 Prozent erreichen. Das EEG 2017 enthielt zudem wieder das Ziel, diesen Anteil bis 2050 auf mindestens 80 Prozent zu erhöhen, das bereits im EEG 2012 auftauchte, aber im EEG 2016 entfallen war.
Nach der jetzt erfolgten Novellierung im Artikelgesetz zum Kohleausstieg will das EEG 2017 den Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent und bis 2050 auf mindestens 80 Prozent erhöhen. Hinzu kommt noch immer das seit 2012 unveränderte Ziel, den Anteil der Erneuerbaren am Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf mindestens 18 Prozent zu erhöhen. Es wirkt inzwischen etwas obsolet, weil es im Grunde schon abgehakt werden kann. Bei den anderen Zielvorgaben wird man das endgültige Ergebnis erst in zehn bzw. dreißig Jahren wissen. Schon jetzt steht aber fest, dass sie nur erreicht werden können, wenn die Flaute bei der Windkraft nicht andauert und auch die Photovoltaik noch wesentlich stärker ausgebaut wird.