September 2023

230911

ENERGIE-CHRONIK


Klage gegen Gas-Pipeline von Rügen nach Lubmin abgewiesen

Das Bundesverwaltungsgericht wies am 12. September einen Eilantrag zurück, mit dem die "Deutsche Umwelthilfe" den Bau der 50 Kilometer langen Gas-Pipelne stoppen wollte, die vom LNG-Terminal Mukran auf Rügen durch die Ostsee nach Lubmin führen soll (230704). "Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ihrer Erfolgsaussichten erweist sich die Klage derzeit als voraussichtlich unbegründet", hiess es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Die vom Bergamt Stralsund im August erteilte Genehmigung für den ersten Bauabschnitt (230808) gehe mit Blick auf die kommenden Heizperioden zu Recht von einem Fortbestand der Gasversorgungskrise aus. Nach aktueller Einschätzung der Bundesnetzagentur begründe die notwendige Stabilisierung der Versorgungssicherheit den zusätzlichen Bedarf an LNG-Einspeisemöglichkeiten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei deshalb nicht erforderlich.


Die jetzt vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Entscheidung betrifft nur den ersten Bauabschnitt der 50 Kilometer langen Gas-Pipeline von Mukran nach Lubmin (grün), lässt aber erwarten, dass auch alle anderen Klagen gegen das Projekt erfolglos bleiben werden.

Die Umweltorganisation hatte ihren Eilantrag ferner damit begründet, dass trotz nachträglicher Planänderungen keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung stattgefunden habe. Nach Ansicht des Gerichts war eine solche Wiederholung nicht nötig, weil die Änderungen das Gesamtkonzept nicht berührt hätten. Auch die beanstandete Aufteilung des Gesamtprojekts in zwei Abschnitte mit zeitlich versetzten Genehmigungen sei zulässig, denn das Bergamt habe bei der Genehmigung des ersten Bauabschnitts bereits davon ausgehen können, dass auch der zweite Abschnitt aller Voraussicht nach genehmigungsfähig sein werde.

Nach der Abweisung des Eilantrags ist zu erwarten, dass der Klage der "Deutschen Umwelthilfe" auch im Hauptverfahren kein Erfolg beschieden sein wird. Dasselbe gilt für die Klagen, die das Ostseebad Binz und der Naturschutzbund NABU erhoben haben.

Pipeline soll effizientere Nutzung des Einspeisepunkts Lubmin ermöglichen

Die geplante Gas-Pipeline wird vom Ferngasnetzbetreiber "Gascade Gastransport" errichtet. Offiziell bekam sie den Namen "Ostsee Anbindungsleitung (OAL)". Sie darf indessen nicht mit den schon lange bestehenden Ostsee-Anbindungsleitungen OPAL, NEL und EUGAL verwechselt werden, denen sie zuliefert. Sie soll das von LNG-Tankschiffen angelieferte Flüssiggas, das im neuen LNG-Terminal Mukran von zwei FSRU-Schiffen regasifiziert und eingespeist wird, durch die Ostsee nach Lubmin transportieren. Früher kamen dort über die Pipeline Nord Stream die Gaslieferungen aus Russland an, die über die nach Süden führenden Anschlußleitungen OPAL und EUGAL sowie die nach Westen abzweigende NEL ins deutsche und westeuropäische Gasnetz weiterverteilt wurden. Damit war es nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine vorbei: Ab Juni 2022 drehte der Kreml auch bei Nord Stream den Gashahn immer stärker zu (220701). Zur Inbetriebnahme der bereits fertiggestellten Pipeline Nord Stream 2, welche die Kapazität verdoppeln sollte, kam es erst gar nicht mehr (220305). Nachdem die Gasflüsse über Nord Stream 1 völlig versiegt waren, wurden außerdem beide Nord-Stream-Trassen durch Sprengstoffanschläge bis auf weiteres unbrauchbar gemacht (220902).

Um die seitdem brachliegenden Kapazitäten von OPAL, EUGAL und NEL wenigstens teilweise besser zu nutzen, war deshalb schon seit Sommer 2022 geplant, einen der neu zu errichtenden LNG-Terminals direkt am Einspeisepunkt Lubmin zu errichten (220704). Diese Aufgabe übernahm das private Unternehmen "Deutsche Regas", das im Januar 2023 das angemietete FSRU-Schiff "Neptune" in Betrieb nahm, von dem das angelieferte Flüssiggas regasifiziert und über eine 450 Meter lange Verbindungsleitung in das deutsche Ferngasnetz eingespeist wird (230104).

Wegen der geringen Wassertiefe im "Greifswalder Bodden" der Ostsee war es allerdings äußerst schwierig, das FSRU-Schiff derart nah vor der Küste zu stationieren. Für die LNG-Tanker wurde es dadurch sogar völlig unmöglich, das Flüssiggas direkt an die "Neptune" zu übergeben. Deshalb musste ein umständlicher und kostspieliger Pendelverkehr mit kleineren Schiffen eingerichtet werden, die das Flüssiggas von den Tankern zur "Neptune" transportieren (221104). Es war bald klar, dass dies keine befriedigende Lösung sein konnte. Ersatzweise wurde deshalb beschlossen, den LNG-Terminal zum Hafen Mukran auf Rügen zu verlagern. Zudem soll in Mukran neben der "Neptune" als zweites FSRU-Schiff die "Transgas Power" stationiert werden, wodurch sich die jährliche mögliche Einspeisung in die nach Lubmin führende Pipeline auf bis zu 13,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas erhöhen lässt. Seit Juli gibt es auch den dafür notwendigen Beschluss des Bundestags, der im Ostseebad Binz und bei Umweltverbänden allerdings auf Protest stieß und das jetzt entschiedene Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht auslöste (230704). Zugleich kam es zu Versuchen, die "Deutsche Regas" eines unseriösen Geschäftsgebarens zu verdächtigen, wogegen sie sich bisher jedoch erfolgreich wehren konnte (230808).

 

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